KW-41-2018: Das Promo-Video zu #THE_FLAME stammt aus Leonard Cohens Rede anläßlich der Verleihung des PRINCE OF ASTORIUS-AWARDS, den Leonard Cohen am 23. Oktober 2011 erhielt. Anbei die Rede sowie eine Übersetzung von Uwe Schrade.

Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=5u_7e3Tv7Uk

Prince Of Asturias Award –>  Auszeichnungen à Dieser Preis wird seit 1981 von der Stiftung Prinz von Asturien vergeben. Zum ersten Mal vom spanischen Pinzen 1981 und dann jährlich in Oviedo, der Hauptstadt des Fürstentums Asturien wird er in Anwesenheit des spanischen Thronfolgers Infant Felipe von Spanien (und seit 2004 seiner Gemahlin Doña Letizia) vergeben. Die Preisverleihung kommt einer Art Verleihung eines akademischen Grades nahe. Jury und Preisträger gehören zur Intellektuellen Schicht. Die Preisträger, die von der meist hochkarätigen Besetzung gekürt werden, zeichnen sich durch besondere Fähigkeiten nund Leistungen aus. Acht Kategorien werden hierbei berücksichtigt: Kunst, Literatur, Sozialwissenschaften, Kommunikation und Geisteswissenschaften, Eintracht, internationale Zusammenarbeit, wissenschaftliche und technische Forschung und Sport. Cohen erhielt ihn in der Kategorie „Geisteswissenschaft und Literatur“. Am 23. Oktober 2011 erhielt Leonard Cohen diese Auszeichnung: Der Preis wurde wie gewöhnlich im Theater Campoamor überreicht. Der Prinz-von-Asturien-Preis ist mit einem Geldbetrag in Höhe von 50.000 Euro dotiert. Darüber hinaus erhielt Leonard Cohen wie jeder Preisträger eine Skulptur, die vom katalanischen Künstler Joan Miró entworfen wurde, überreicht.

Quelle: ZEN & POESIE – Das LEONARD COHEN – Lexikon, 2018

 

Uwe Schrade hat mir den Text als deutsches Transcript zugesandt: Dank hierfür

Die Akzeptierungsrede der „Prinz von Asturien”-Auszeichnung für Dichtkunst ins Deutsche transformiert: „ Ihre Majestät, Königliche Hoheiten, Exzellenzen, Mitglieder der Jury, verehrte Preisträger, verehrte Damen und Herren. Es ist eine grosse Ehre, heute Abend vor Ihnen zu stehen. Und mir geht es ähnlich, wie vielleicht dem grossen Meister, meinem Vorredner und Preisträger Maestro Riccardo Muti (Cohens Vorredner und ein weiterer Preisträger des Abends) , der es treffend umschrieben hat, wenn er sagte: „Ich bin es nicht gewohnt ohne mein Orchester im Rücken vor dem Publikum alleine zu stehen, aber ich werde versuchen mein Bestes als Solo-Künstler zu geben. Ich war die ganze letzte Nacht wach, fragte mich, was ich dieser erhabenen, ehrenwerten Gesellschaft heute Abend erzählen soll, und als ich dann sämtliche Schokoladentäfelchenund alle Erdnüsse der Minibar verzehrt hatte, krizzelte ich einige Worte aufs Papier. Ich glaube nicht, dass ich mich auf diese Notizen abstützen brauche. Wie sie unschwer feststellten können, bin ich zutiefst ergriffen durch die Ehre, dass mich dieses Gremium als Künstler anerkennt und gewürdigt hat. Aber ich bin heute Abend auch hier, um Ihnen eine andere Art, die andere Dimension der Dankbarkeit aufzuzeigen. Ich glaube, ich kann das in drei, vier Minuten erklären, so lassen Sie es mich denn versuchen. Als ich in Los Angeles die Koffer packte um hierher zu kommen, da fühlte ich eine Art von Ungleichgewicht in mir, weil ich schon immer eine ambivalente Beziehung zu Auszeichnungen für die Dichtkunst hatte. Dichtkunst kommt von einem Platz, von einem Ort, über den den keiner das Kommando hat, den keiner beherrscht, keiner erobern kann. So fühle ich mich ein wenig wie ein Scharlatan, weil ich für etwas ausgezeichnet werde, was ich selber nicht beherrschen, nicht steuern kann. Mit anderen Worten: wüsste ich, woher die guten Songs kommen, so würde ich da öfters hingehen. Ich war, inmitten der harten Geduldsprüfung des Packens, gezwungen, meine Gitarre hervorzuholen. Es ist eine Conde-Gitarre, welche in Spanien in dieser grossen, bekannten Werkstätte in der Gravinez-Strasse Nummer 7 gebaut wurde, ein schönes Instrument, welches ich vor 40 Jahren erworben habe. Ich nahm sie also aus dem Gitarrenkasten. Ich hob sie hoch; es schien, als sei sie mit Helium gefüllt, so leicht war sie. Ich hielt sie unter mein Gesicht; so schob ich mein Gesicht näher zu der wunderbar geschnitzten Rosette heran, und ich inhalierte den Duft des lebendigen Holzes; Sie wissen ja, Holz stirbt niemals. Und so inhalierte ich den Duft der Zeder, so frisch wie an jenem ersten Tag, als ich die Gitarre kaufte. Und eine Stimme schien zu mir zu sprechen: „Du bist ein alter Mann, und Du hast Dich nie bei der Gitarre bedankt. Und Du hast Deine Dankbarkeit gegenüber dieser Erde, aus der letztlich dieser Duft verströmt, nie zum Ausdruck gebracht. Und so bin ich heute Abend hier, um mich bei dieser Erde zu bedanken, aber auch, um mich bei der Seele dieses Volkes zu bedanken, das mir unermesslich viel geschenkt hat. Genauso wie ich weiss, dass eine Identitätskarte nicht den Menschen ausmacht, macht ein Kredit-Rating kein Land aus. Sie wissen um meine tiefe Verbundenheit, Einigkeit mit dem Poeten  Federico Garçia Lorca. Ich kann sagen, als ich ein junger, heranwachsender Mann war, gierte ich nach einer Stimme. Ich studierte die alten, englischen Poeten, und ich verstand, dass sie sehr gut gearbeitet und ebenso gut verstanden haben und so versuchte ich, sie zu kopieren. Aber ich vernahm noch immer keine Stimme. Erst, als ich, zuerst mal in der Übersetzung, die Werke von Lorca, las, da verstand ich: da war die Stimme. Es war nicht so, dass ich ihn, seine Art, seinen Stil (seine Stimme) kopierte – das hätte ich mir nicht erlaubt – aber er gab mir seine Erlaubnis, nach meiner Stimme zu suchen, eine Stimme auszumachen, die mich in ihrer Eigenheit unterschied, so eigen, dass sie nicht fixierbar ist, so eigen, dass mich um ihr eigenes Überleben kämpfen liess. Und als ich älter wurde, verstand ich, dass mir nun mit dieser Stimme auch Instruktionen auferlegt wurden. Welche Instruktionen waren das? Die Instruktionen beklagten keine normale Gelegenheit, keine Normalität. Und wenn es eine gäbe, dann wäre das die unausweichliche Niederlage, die uns alle erwachen lässt. Aber das muss in den engen, strikten Bahnen der Erhabenheit und Schönheit geschehen. Und so hatte ich jetzt zwar eine Stimme, aber kein Instrument, keinen Song. Und nun werde ich Ihnen sehr genau erzählen, wie ich zu meinem Song gekommen bin. Ich war ein unpräziser, indifferenzierter Gitarrenspieler: Ich knallte die Akkorde aufs Instrument, ich kenne nur einige von vielen. Ich sass mit meinen College-Freunden herum. Wir tranken und wir sangen die Folk-Song, auch die Pop-Songs der damaligen Zeit. Nicht in 1000 Jahren konnte ich mir damals vorstellen, dass ich ein Musiker oder ein Sänger werden könnte. Eines Tages, in frühen 60ern, besuchte ich meine Mutter zu Hause in Montreal. Das Haus ist an der Seite eines Parks. In dem Park befindet sich ein Tennisplatz, da kamen viele Menschen zusammen und schauten den jungen, schönen Tennisspielern zu, die ihrem Sport frönten. So durchquerte ich den Park, den ich seit meiner Kindheit kenne. Da stand ein junger Mann, der Gitarre spielte, er spielte Flamenco-Gitarre. Er war von zwei, drei Mädchen und ein paar Burschen umgeben, die ihm zuhörten. Ich liebte es, ihn spielen zu hören; da war etwas in dem Stil, wie er spielte, das nahm mich absolut gefangen, genau so wollte ich auch Gitarre spielen können, aber ich wusste, dass ich niemals so schön Gitarre spielen würde. So sass ich für einige Minuten da, gemeinsam mit den anderen Zuhörern. Danach war da Stille, eine angemessene Stille. Ich fragte ihn, ob er mir Gitarren-Lektionen erteilen würde. Er war ein junger Mann aus Spanien. Wir konnten uns nur in gebrochenen Französisch unterhalten. Er sprach kein Englisch. Er willigt ein, mir Gitarrenunterrichts-Lektionen zu erteilen. Ich zeigte auf das Haus meiner Mutter, welches vom Tennisplatz aus zu erkennen war, und wir verabredeten uns für den nächsten Tag. Wir vereinbarten einen Preis und er erschien tatsächlich im Hause meiner Mutter am kommenden Tag. Er sagte: „Lass mich Dein Gitarrenspiel hören“. Ich versuchte, irgendetwas zu spielen, dann meinte er: „Du weisst nicht, wie Du spielen sollst, nicht wahr?“ Ich sagte: „Nein, ich kann nicht wirklich spielen.“ Er: „Lass mich zuerst mal Deine Gitarre stimmen, sie ist völlig verstimmt.“ Also nahm er die Gitarre, stimmte sie und sagte: „Es ist keine schlechte Gitarre.“ Es war keine Conde, aber es war tatsächlich keine schlechte Gitarre. Dann reichte er mir das Instrument zurück und meinte: „Jetzt spielst Du.“ Ich sagte: „Das steht ausser Frage, das kann ich nicht tun.“ Dann sagte er: „Lass mich deine Finger auf den Gitarren-Griffleiste legen.“ Also legte er meine Fringer auf die Leiste und meinte wieder: „So, jetzt, jetzt spielst Du.“ Es war ein Debakel. Er sagte bloss: „Ich komme Morgen wieder.“ Er kam am nächsten Tag wieder, legte erneut meine Finger auf die Saiten, so wie es angemessen war und ich begann, ich begann mit den sechs Akkorden der Steigerung, auf denen die meisten Flamenco-Songs aufbauten. Ich war ein bisschen besser an diesem zweiten Tag. Am dritten Tag steigerte ich mich wieder, ich konnte mich ein wenig verbessern. Aber ich konnte jetzt die sechs Akkord-Griffe, obwohl ich meine Finger nicht so koordinieren konnte, dass ich mit dem Daumen den korrekten Tremolo-Griff hinbekam. Ich kannte nun die Akkorde, und ich bekam sie nun sehr, sehr ordentlich hin zu diesem Zeitpunkt. Am nächsten Tag erschien er nicht, er kam einfach nicht. Ich hatte zum Glück die Telefonnummer seiner Pension in Montreal. Ich rief an, um herauszufinden, warum er unsere Verabredung nicht einhalten konnte. Die sagten mir, dass er sich das Leben genommen habe, dass er Suizid begangen habe. Ich wusste nichts über diesen Mann. Ich wusste nicht, aus welcher Region Spaniens er stammte, ich wusste nicht, warum er nach Montreal gekommen war, ich wusste nicht, warum er hier gelandet war, ich wusste nicht, warum er bei dem Tennisplatz im Park gespielt hatte, ich wusste nicht, warum er sich das Leben nahm. Natürlich war ich zutiefst traurig, ganz klar. Aber nun habe ich diese Geschichte, diese Umstände erklärt, geradezu in die Luft hinaus gepustet, was gleichzeitig etwas ist, über das ich noch nie in der Öffentlichkeit gesprochen habe. – Es waren diese sechs Akkorde, dieses Griffmuster, auf denen all meine Songs, meine Musik, basieren. – So, jetzt werden Sie wohl meine innige Zuneigung und Dankbarkeit zu diesem Land verstehen. Alles, was Sie an Schönem für sich aus meiner Musik für sich gefunden haben, kommt von diesem Land. Alles, restlos alles, was sie in meiner Musik, in meiner Poesie an Schönem für sich gefunden haben, ist inspiriert von diesem Boden. So möchte ich mich für die warme und angenehme Gastfreundschaft bedanken, die sie meinem Schaffen entgegengebracht haben, weil: all das gehört Ihnen allen. Und sie gestatteten mir, meine Unterschrift an das untere Ende der Buchseite zu setzen. Vielen Dank, meine Damen und Herren.“ *( mit grossem Dank an Uwe Schrade, der sich an die Transformation dieses Textes schon sehr früh gewagt hat.)