Foto: Christof Graf
- Setlist
- Concertreview
- Bandmembers
- Concertposter
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1. |
Things Have Changed (Bob on piano) |
2. |
It Ain’t Me, Babe (Bob on piano) |
3. |
Highway 61 Revisited (Bob on piano) |
4. |
Simple Twist Of Fate (Bob on piano and harp) |
5. |
Cry A While (Bob on piano) |
6. |
When I Paint My Masterpiece (Bob on piano and harp) |
7. |
Honest With Me (Bob on piano) |
8. |
Tryin‘ To Get To Heaven (Bob on piano) |
9. |
Scarlet Town (Bob center stage) |
10. |
Make You Feel My Love (Bob on piano and harp) |
11. |
Pay In Blood (Bob on piano) |
12. |
Like A Rolling Stone (Bob on piano) |
13. |
Early Roman Kings (Bob on piano) |
14. |
Don’t Think Twice, It’s All Right (Bob on piano and harp) |
15. |
Love Sick (Bob on piano) |
16. |
Thunder On The Mountain (Bob on piano) |
17. |
Soon After Midnight (Bob on piano) |
18. |
Gotta Serve Somebody (Bob on piano) |
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(encore) |
19. |
Blowin‘ In The Wind (Bob on piano) |
20. |
It Takes A Lot To Laugh, It Takes A Train To Cry
(Bob on piano) |
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Quelle:
http://www.boblinks.com/033119s.html
Eine Verbeugung vor dem Publikum – Im Glanz der Dunkelheit
Gut wie lange nicht mehr – Bob Dylans Europatourstart 2019 in Düsseldorf
– Eine Verbeugung vor dem Publikum –
Gestern startete Bob Dylan mit seinem ersten Konzert im Jahre 2019 seine Europatournee in Düsseldorf. Die Erwartungshaltungen des mittlerweile Generationen übergreifenden Publikums sind bei dem im Mai 2019 78 Jahre alt werdenden Dylan immer groß. In Düsseldorf wurden sie erfüllt. Seine Stimme war ungewohnt glasklar, seine Band – von fünf auf vier Begleitmusiker dezimiert- , wie seit Jahren in bester Spiellaune und das Konzert mit 20 Songs dauerte sogar knapp zwei Stunden. Soviel zum Fazit vorab.
Vorab aber waren in der ehemaligen Düsseldorfer Philipshalle zunächst einmal Stravinsky und warnende Worte aus den Lautsprechern zu hören. Man solle auf gar keinen Fall Film- oder Tonaufnahmen jeglicher Art von dem Konzert oder dem Künstler machen. Die Ordner, eigentlich mehr „Wachleute“ benahmen sich dann auch mehr wie Aufseher, denn Security. Das Publikum, das sie bewachten und sofort mit grellen roten Scheinwerfern blendeten , sobald es jemand wagte auch nur ein Smartphone in die Hand zu nehmen, nahm es genervt hin. Die Tatsache, daß jene, die überwacht werden mit ihren teuren Eintrittsgeldern auch den Arbeitsplatz des unfreundlichen Aufsichtspersonals mitfinanzieren, bekommt der Bewacher in seinem sechswöchigen „Security-Lehrgang“ nicht vermittelt. – Die Kenntnisse darüber, was man „social skills“ und Umgangsformen nennt, wird übrigens auch nicht vermittelt. Doch zurück zum angenehmen Teil des Abends.
Der begann pünktlich um 20.00 Uhr. Das Saallicht ist aus. Stravinskys Musik läuft noch einen Moment, bevor die Bühne von sechs vom Bühnenhimmel herabhängenden Hollywood-Scheinwerfern in ein ganz zartes Dunkelgelb gefärbt wird. Stuart Kimball ist nicht mit dabei. Sein Akustik-Intro zum seit Jahren avancierten Dylan-Opener „Things Have Changed“ weicht einem zum Licht passenden ebenso zarten Pianospiel von Bob Dylan, bevor er die erste Songzeile „A worried man with a worried mind/ No one in front of me and nothing behind“ singt und alle erkennen dürfen, daß es auch wirklich „Things Have Changed“ ist.
Dylan, endlich mal nicht im Fantasy-Look eines Mississippi-Dampfer-Kapitäns, in schwarzer Lederhose, schwarzem Hemd, weißem Gürtel und heller Jacke im 80er-Schnitt setzt sich zunächst einmal für drei Songs ans Grand Piano und verharrt im Glanz der Dunkelheit.
Nach den Songs („It Ain`t Me, Baby“, „Highway 61 Revisited“ und „Simple Twist Of Fate“), die er wohl gefühlt ein paar Tausend Mal in seinem Leben gesungen hat, weicht dem Gelb ein dunkles Rot und Dylan übt sich im Sprechgesang. „With a neon burnin‘ bright/ He felt the heat of the night/ Hit him like a freight train/ Moving with a simple twist of fate“ flüstert er ins Mikrofon und bedient sich erstmals an diesem Abend seiner Mundharmonika. Die tief eingesogene Luft und das, was Dylan daraus macht, wirken wie ein Beil, das die zwei Seiten einer Münze von Interpretationsmöglichkeiten spalten möchte.
Egal, ob die einen einem Mann, der über einen One-Night-Stand poetisch nachdenkt, zuhören oder andere die Trennung zweier Menschen beschrieben hören, es bleibt der Mann, der über den Verlust einer Frau sinniert. Dylan läßt an diesem Abend einmal mehr an der Interpretationsvielfalt seiner Songs teilhaben.
Bei „Cry A While“ wirkt der Geschichtenerzähler wieder mehr wie ein Rocker. Als er begann, „When I Paint My Masterpiece“ anzustimmen schreit er wieder in seine Mundharmonika. Eigentlich will er keinen Song wie früher spielen. Nun, das wollte er und tat er noch nie. Doch bei diesem ersten 2019er Konzert als Fortsetzung der seit nunmehr über 30 Jahre währenden Neverending-Tour, ist er dabei so konsequent wie kaum zuvor.
Kein Song ähnelt wirklich seinem Original. Ok, Dylan liebt seit Jahrzehnten die Destruktion seines eigen Liedgutes und sein Publikum hat erst nach den ersten Textzeilen die Chance, das Ursprungslied als dieses zu identifizieren, aber was Dylan bei seinem Tourauftakt 2019 offeriert, ist wahrlich mehr als eine Rapture. Dylan entrückt seinen Mythos wieder einmal für die Ewigkeit, ebenso wie auch seine mittlerweile über ein halbes Jahrhundert alten Songs, scheinbar für die Ewigkeit geschrieben sind. Niemand stört das. Am wenigsten stört es ihn selbst. Dylan ist „Honest With Me“, bevor er ein Unternehmen namens „Tryin To Get To Heaven“ in Szene setzt. Alle dieser Song-Unternehmungen klingen wie Reisen: Reisen durch die Jahrzehnte, in den diese Songs schon gespielt wurden. Reisen durch Bob Dylan Innerstes und Reisen durch die Erinnerungen seiner Zuhörer, deren „Soundtrack oft the life“ diese Songs waren. Und je mehr Dylan diese Songs verändert, umso mehr verjüngt er damit seine Publikum und sich selbst. Ein wahrer kunstvoller wie messias`scher Akt.
Überhaupt wirkt das Publikum auch mehr wie eine Schar von Pilgern anstatt wie eine Rockgemeinde. Pilger, die sich angesichts ihres Hohepriesters in einem Tempel versammelten, um seinen Predigten zu ehren. Alle sitzen andächtig und lauschen den Worten des Messias, den sie schon seit Jahrzehnten verehren. Auch die Zeiten, in denen man bei den letzten beiden Zugaben aufstand, klatschte und mitschrie, scheinen vorbei. Dylans Publikum in Düsseldorf klatscht im Sitzen. Dylan hat es nicht nur geschafft seine Songs zu variieren, er modifizierte auch sein Publikum. Es ist still, hört zu, bleibt sitzen.
Auch Dylan sitzt 2019 die meiste Zeit des Konzertes. Nur wenige Songs, vor allem die etwas schnelleren, verbringt er stehend am Piano.
„Scarlet Town“ ist der einzige Song, den er wirklich stehend und nicht am Piano, dafür neben Tony Garnier stehend, sich fast am Mikrofonständer festhaltend, absolviert. Für kurze Momente, gibt er den tänzelnden Entertainer. Ja, Zeiten, in denen er wie noch 2017 einige Songs aus den „Shadows in The Night“- und „Fallen Angels“-Alben Sinatra-mäßig interpretierte, scheinen vorbei. Die „Sinatra-Phase“ ist, wie so viele andere zuvor schon, nun auch abgeschlossen. Ja, Robert Zimmermann scheint bei sich angekommen zu sein, scheint auch spätestens in der Mitte seines Konzertes bei „Make You Feel My Love“ in seiner eigenen Mitte angekommen zu sein. Die Bühne wirkt wie ein Stück „Alt-Hollywood“. Die sechs großen Scheinwerfer sind fast aus, ein paar kleine, wie Baustellenlampen wirkenden noch etwas Restlicht schenkende Quellen, verpassen der Bühne Studio-Atmosphäre. Dylan sitzt also am Klavier, klimpert vor sich hin und erzählt Geschichten von früher. Seine vier musikalischen Weggefährten legen ihm einen flauschigen unaufdringlichen Klangteppich, der nie, auch nicht bei den „lauteren“ Songs, aufdringlich, wirkt. Sie lassen dem alten Barden Spielraum. Er bestimmt Lautstärke und Tempo. Rhytmusinstrumente wie Bass und Schlagzeug passen sich seinem Sprechrhythmus an. Auf das „Groonen“ verzichtet er ganz.
Der Sage nach ist „Pay In Blood“ ein religiöser Song mit Bezug zum Alten Testament. „Sooner or later you make a mistake, I’ll put you in a chain that you never will break/ Legs and arms and body and bone/ I pay in blood, but not my own“, singt Dylan darin in der zweiten Strophe. Dylan offeriert seine eigene Interpretation von „Zahn um Zahn, Auge um Auge“ und hat seinen jüdisch-christlichen Wurzeln längst abgeschworen, wenn er meint, daß der Mensch sein Schicksal selbst in der Hand hat.
Die Fragen, wie es sich nun anfühle, allein zu sein, heimatlos, unbekannt, stellt Dylan in diesem Jahr (auch) nicht als Zugabe, sondern schon im zwölften Song. Getreu dem Motto: „A rolling stone gathers no moss” („Ein rollender Stein setzt kein Moos an“) macht er auch beim 2987ten Konzert seiner Never-Ending Tour den 1965 im Alter von 24 Jahren geschrieben Song, der als einer der einflussreichsten Rocksongs überhaupt gilt, zur ersten vorsichtigen Mitsing-Hymne. Doch auch diese Version, hat nichts mehr mit dem Original zu tun. Dylan bleibt sich nur in seiner Veränderungssuche und in seinem Variantenreichtum an Interpretationen treu. Auch bei Blues-Rock-Nummern wie „Early Roman Kings“, alten und neuen Balladen („Don`t Think Twice“ und „Love Sick“) oder beim sagenhaften „Thunder On The Mountain“, das nach dem stakkatoartigen „Love Sick“ beeindruckt, wird schnell deutlich: Egal, aus welcher Zeitepoche Dylan wirklich herausgefallen ist, egal, aus welcher Dekade er rezitiert, egal aus welcher Phase er vorträgt, Bob Dylan ist nie Performer. Er performt weder seine Songs, noch sich selbst, er hat noch nicht einmal mehr Freude daran, seinen eigenen Mythos einer nie enden wollenden Rapture zu unterwerfen. 2019, setzt sich Dylan, begleitet von vier ihn unterstützenden Musikern einfach nur ans Klavier und erzählt von Liedern, die er einst einmal ganz anders klingen ließ und schafft damit aus Altem etwas Neues. Vielleicht hat er auch für den Geist, der hinter all dem, was sein Liedgut, Wortgut und Gesamtwerk ausmacht, steht, den Nobelpreis für Literatur erhalten. Zurecht, denn in Düsseldorf 2019 zweifelte daran wohl niemand.
„Soon after Midnight“ und „Gotta Serve Somebod“ sind die letzten zwei Songs vor der Zugabe, die mit „Blowin In The Wind“ und „It Takes A Lot To Laugh, It Takes A Train To Cry“ gibt. Früher stellte er sich zwischen Konzertende und Zugabe mit seinen Musikern nochmal brav für den Abschlußapplaus auf, bevor er die Bühne verließ. Das tat er dann nochmal nach der absolvierten Zugabe. 2019 tat er das nur einmal, ganz kurz nach den letzten Zeilen des letzten Liedes: „Well, I want to be your lover, baby, I don’t want to be your boss/ Don’t say I never warned you when your train gets lost.“ 2019 nahm er mit seiner Band aber nicht nur den Applaus entgegen, 2019 verbeugte er sich vor seinem Publikum, – ganz kurz, aber tief und authentisch und stellte sich für einen kurzen Moment aus dem Glanz der Dunkelheit in das Licht der Bühnenscheinwerfer. Dylan war in Düsseldorf ganz nah bei sich selbst und bei seinem Publikum.
3. Band Members
Bob Dylan – piano
Tony Garnier – bass
George Recile – drums
Charlie Sexton on lead guitar
Donnie Herron – violin, banjo, electric mandolin, pedal steel, lap steel
4. Concertposter