Review (German & English), Photos, Pressestimmen, SETLIST & Festivalagenda
Bob Dylan – Live beim Jazz Open in Stuttgart 2019 – Bob Dylans Stuttgarter Konzert war schön und „anders“!
Text & Photos von Christof Graf
Die Jazz Open – Stuttgart – Bühne im Schlossgarten
Ja, auch „Stuttgart“ war wieder einmal „anders“. Das 3043. Konzert der vielzitierten seit 1988 währenden Neverending Tournee von Bob Dylan fand im Rahmen des 26. Jazz Open – Festivals in Stuttgart statt. Jazz Open Stuttgart ist ein seit 1994 jährlich in Stuttgart stattfindendes Jazz-Festival, bei dem auch sämtliche andere Genres der Populären Musik vertreten sind. 2019 ist das Jahr der Premieren. Bob Dylan tritt u.a. zum ersten Mal bei dem Jazz-Festival auf. Um es vorweg zu sagen, er schien angesichts seiner guten Spiellaune und sichtlicher Freude im Gesicht die jazz-artige Atmosphäre im Stuttgarter Schlossgarten zu genießen. Von Mittwoch, 10. Juli an sollten sich außer Bob Dylan, die Stars Sting (11. Juli), Jamie Cullum (12. Juli), Christina Aguilera (13. Juli) und Parov Stelar (14. Juli) auf der traumhaften Hauptbühne vorm Neuen Schloss zeigen. Bei diesem renommierten Festival werden etwa 45 000 zahlende Besucher auf fünf Bühnen bei über 50 Konzerten erwartet. Die „Open Stages“ ergänzen als eintrittsfreie Bühnen das Programm. Bob Dylans Stuttgarter Konzert bei trockenem Wetter und sommerlich warmen Temperaturen um die 24 Grad Celsius war schön und „anders“!
Bob Dylan „centerstage“ bei „Can T Wait“
Und was war noch „anders“? „Stuttgart“ war das letzte Deutschlandkonzert von Bob im Rahmen der „Summer Europe-Tour of 2019“. Und Bob war in „Stuttgart“ einfach nur sensationell gut. Gut gelaunt, gut am kleinen Flügel spielend und gut bei Stimme. Nicht „anders“, war das ewige Gejammere über das Fotografierverbot. Schon eine Woche vor dem Konzert machte die STUTTGARTER ZEITUNG das für alle Beteiligte lästige Fotografierverbot zum Thema. „Bob Dylan duldet keine Handyfotos“, hieß es in der Freitagsausgabe eine Woche vor dem Konzert über den diesjährigen „Festivalsommer mit der Rocklegende in Stuttgart“.
Promotion für die Jazz Open in der Stuttgarter Innenstadt schon Monate im Vorais. Das Konzert war schnell ausverkauft
Fans wollen aber Konzerterlebnisse mit dem Smartphone festhalten, konstatiert der Autor und erklärt, daß das Bob Dylan nicht duldet. Dylan will, daß man ihm zuhört. Kamerascheu war Dylan schon immer. Pressefotografen läßt er schon seit den 80er Jahren bei seinen Konzerten nicht mehr zu. Doch all das ist längst bekannt. All das wissen die, die ihn bei seinen Konzerten ab und zu oder von Jahr zu Jahr mal hin und wieder besuchen. All das wissen auch die, die Konzerte seiner Tourneen regelmäßig besuchen. Und all die, die es eben nicht wissen, insbesondere jene, die auch sonst gerne alles und jeden mit dem Smartphone oder gar via Selfie dokumentieren, werden auch in Stuttgart recht aufdringlich darauf hingewiesen, nicht zu fotografieren. In Stuttgart war es also nicht „anders“ wie z.B. bei den vergangen Konzerten der Sommer-Deutschlandtour 2019 in Hamburg, Braunschweig, Mainz und Erfurt. Durch die Medien, durch Newsletter des Veranstalters, durch Hinweisschilder beim Eintritt und auf dem Konzertgelände und mit Lautsprecherdurchsagen wurde auch hier darauf hingewiesen, nicht zu fotografieren, keine Selfies zu machen und auf „Aufnahmen“ jeglicher Art zu verzichten. Für Dylan-Fans und Konzertbesucher im digitalen Zeitalter schwer zu ertragen.
Das größte Jazz-Festival Deutschlands wird in der ganzen Stadt mitgelebt.
Aber Stuttgart war „anders“. „Anders“ wie z.B. „Mainz“ am vergangenen Sonntag. Dort kam man sich auf dem Konzertgelände vor wie in einem lagerhaften Gefängnis und die Ordner/ Securities wirkten wie Aufseher und Wärter, die jeden „Fotografierversuch“ und das Zücken eines Smartphones am liebsten mit Gewalt unterdrückt hätten. Es war entsetzlich und die Stimmung im Publikum entsprechend schlecht.
„Anders“ war es in Stuttgart. Bei den „Jazz Open“ herrschte zwar auch Fotografierverbot und auch im Vorfeld wurde darauf hingewiesen, doch das Sicherheits- und Service-Personal ging dezent, freundlich und höflich mit der Bitte um, das Verbot einzuhalten. Hier verdiente sich das Sicherheits- und Service-Personal seine Bezeichnung.
„Doch wie wird Bob Dylans Fotografierverbot bei den Jazz Open überhaupt kontrolliert?“, fragte die STUTTGARTER ZEITUNG den Veranstalter? „Die Kontrollen an den Eingängen dürften beim US-Sänger besonders streng sein, Ordner werden wohl „Streife laufen“ auf dem Ehrenhof des Neuen Schlosses sowie auf den Tribünen“, wurde im Vorfeld berichtet. Und ja, so war es. Aber es war eben auch dezent, freundlich und höflich im Umgang mit den 7000 Besuchern im ausverkauften Stuttgarter Schlossgarten.
Die Schlossgarten-Tribüne von der Rückseite
Der Schlossplatz in Stuttgart wurde zur Stätte der Huldigung für einen Rockgott – Eine Stadt wurde zum Tempel der Sehnsucht
Etwa 3000 davon fanden auf der der Bühne gegenüberliegenden Tribüne Platz. 1000 standen im abgegrenzten „Front Of Stage“-Bereich und nochmal 3000 befanden sich im dahinter befindlichen Stehplatz-Bereich. Die „Front Of Stager“ hielten sich konsequent an das Fotografierverbot. Auf den Tribünenplätzen wurde im letzten Konzertdrittel dann aber doch hin und wieder mal ein Smartphone gesichtet.
Jutta Biel spielte als Support-Act
„Im Zeitalter der Selfie-Fotografie verändert sich nicht nur das, was wir sehen, sondern auch das Erleben von Ereignissen. Wenn wir ein Konzert direkt genießen könnten, schalten wir das Smartphone zwischen der dargebotenen Emotion und unserer Wahrnehmung. Weil wir meinen, alles visuell speichern zu müssen, bleiben wir auf Distanz. So argumentieren die einen, die Künstler wie Bob Dylan verstehen, die das Fotografieren nicht dulden. Andere finden, dass ein“ … „Künstler es tolerieren sollte, wenn seine Fans ihren teuer bezahlten Konzertbesuch für sich dokumentieren wollen“, wird ein Psychologe in der Zeitung zitiert. – Allein die Diskussion ist nicht mehr zeitgemäß. Doch was kümmert dies eine Rocklegende, die auch die Verleihung des Literaturnobelpreises lange ignorierte und seit über zwei Jahren, wie auch in Stuttgart, kein Wort mehr an sein Live-Publikum richtet.
Die Leinwände kündigten den Hauptact an: Coming Next 20.15 Uhr Bob Dylan
Moment, bei seiner gegenwärtigen Europa-Reise richtete er das Wort am 16. April im Wiener Konzerthaus doch an sein Publikum. „Take pictures or don’t take pictures,” bellte er die Leute an, die in vorderster Reihe Handy-Pics machten und nuschelte weiter: “We can either play or we can pose. Okay?” Dann blieb er in der Nähe seiner Band stehen und posierte augenscheinlich und zynisch. Danach spielte er eine verkürzte Version von „It Takes A Lot To Laugh, It Takes A Train To Cry“, bevor er die Bühne verließ und seine Band die Show mit einer Instrumentalversion von „Just Like Tom Thumbs Blues“ beendete.
Der Schlossgarten-Innenhof füllte sich schnell
Nach diesem „Wiener Vorfall“ wurde das ohnehin strikte Fotoverbot noch restriktiver umgesetzt. „Die Zahl der Ordner wird erhöht, um das Fotografierverbot des Sängers besser zu überwachen“, so der Jazz Open-Veranstalter Jürgen Schlensog im Vorfeld. Dennoch, in Stuttgart wurde alles recht moderat und publikumsfreundlich umgesetzt. – Smartphones grundsätzlich zu verbieten wird nicht umsetzbar sein.
Für 10 Euro zu kaufen: Das übliche Konzert-Poster
Vielleicht ist ein Kompromiss die Lösung. Die, die möchten, dürfen ein Foto oder einen kurzen Film vom meist teuer bezahlten Auftritt des Künstlers machen und danach sollte Schluß damit sein. Schließlich gibt es auch genug Künstler, die explizit darauf hinweisen, Fotos vom Konzert zu machen um es in den sozialen Medien zu posten. Nun, Bob Dylan gehört nicht dazu. Ok, er ist zum einen „Person des öffentlichen Lebens“, gar eine „Figur von historischer Bedeutung“ und das Konzertieren ist keine Privatsphäre. Zum anderen ist er zusammen mit dem Veranstalter Hausherr der Location und kann es u.a. auf Grund des „Rechtes am eigenen Bild“ untersagen, daß Fotos von ihm gemacht werden. Die Diskussion, wie man gerade im digitalen Zeitalter den Umgang mit Medien jeglicher Art handhabt, wird weder enden noch mit Verboten hinlänglich geregelt werden können. Ein Ansatz, mit den Menetekeln der Medialisierung wäre z.B. der der Band „King Crimson“. Die mögen auch keine Smartphone-Nutzung während ihrer Konzerte, erlauben es aber bei der Zugabe und stellen sich dafür sogar extra am Ende für ein „Gruppenbild“ zur Verfügung, bevor sie die Bühne verlassen. Nun aber genug, mit dem leidigen Thema der Fotografie, schließlich war das „Jazz Open“-Konzert in Stuttgart in vielerlei (positiver) Sicht „anders“.
Einlaß am 10. Juli im Stuttgarter Schlossgarten war um 17.30. Als Special Guest trat Julia Biel um 18:45 Uhr auf. Zuvor informierte der Veranstalter, was Medien schon verkündet hatten: Der zweite große Act, „Sting“ am Folgeabend, würde leider aufgrund dessen Krankheit ausfallen müssen.
Jutta Biel spielte knapp eine Stunde. Die Sängerin mit südafrikanischen Wurzeln nahm das Publikum mit auf eine musikalische Reise mit emotionalen Songs voller Intensität, Soul und viel Funk. Sie wirkte mal zart und leise, mal groovig und laut. Dem Publikum gefiel es und goutierte es mit konzentriertem Zuhören und respektvollem Applaus. Danach erschien auf den neben den Bühnen installierten Video-Leinwänden „Coming Next: 20:15 Bob Dylan“. Niemand glaubte daran, daß auch Bob Dylan`s Konzert auf die Leinwände projiziert werden würde. Doch wie gesagt, „Stuttgart“ war (angenehm) „anders“.
Sensationall und unglaublich: Das Dylan-Konzert wurde auf zwei Video-Leinwände proieziert
Pünktlich um 20:15 Uhr erklang das derzeitige Dylan`sche Intro von Strawinsky und Dylans Musiker betraten die Bühne. Tony Garnier hing sich die Bassgitarre um, Charlie Sexton seine Leadgitarre. George Recile setzte sich an sein Schlagzeug und Donnie Herron nahm hinter Dylans kleinem Fügel an den Steels Platz. Rechts außen stand auf einer Box eine Kopie von Dylans „Oscar“. Den erhielt er für den besten Filmsong des Jahres 2000. Daneben steht eine „Büste der Poesie“ wohl in Anlehnung an den Nobelpreis. Die Bühne wirkt mit den großen Standbühnenscheinwerfern und Arbeitslampen schon seit 2014 (unverändert) wie ein Hollywood-Filmset. Der Meister schaute kurz in Publikum und lächelte. Die Location des Schlosshofes schien ihm zu gefallen. Zur Überraschung des Publikums wurde das Bühnengeschehen auf die Leinwände projeziert. Für mich war das nach dem „Rock am Ring“-Auftritt Dylans im Jahre 1998 das erste Mal, daß er bei einem Konzert in Deutschland auf einer Bewegtbild-Leinwand sogar mit „close ups“ zu sehen war. 1998 gab es lediglich eine Standbild-Projektion seines Konzertes. Das Lächeln des Meisters war somit bis auf die hintersten Tribünenplätze zu sehen. Nur die knapp 2000 „hörlustigen Zaungäste“, die es sich draußen auf der Schlosswiese außerhalb der Location gemütlich gemacht hatten, konnten den Meister nicht sehen, aber dafür umsonst hören.
Mimik und Gestik des Bob Dylan waren genau zu erkennen, dank der Leinwände.
Die, die ihn hören und sehen konnten, erlebten Bob Dylan von Anbeginn seines Konzertes in guter Laune. Die STUTTGARTER NACHRICHTEN schrieben tagsdarauf „Stuttgart zaubert dem Meister ein Lächeln aufs Gesicht“ und der SÜDWESTRUNDFUNK titelte seine Konzertkritik mit den Worten: „Beeindruckender Bob Dylan bei den Jazz Open in Stuttgart“. Die STUTTGARTER ZEITUNG konkludierte in ihrer Vorab-Rezension „Bob Dylan bei den Jazz Open – Mann, ist der gut drauf! – Recht hatten sie alle. Wie gesagt, „Stuttgart“ war „anders“.
Das Publikum war dankbar und zufrieden – Dylan auch.
Dylan eröffnete entgegen seiner bisherigen Deutschlandkonzerte nicht mit „Things Have Changed“, sondern mit „Ballad Of A Thin Man“. Damit offerierte er schon zum Einstieg des ausverkauften Konzertes ein zum Thema des Festivals passendes eigenwilliges Song-Arrangement und kräftige Stimme.
Dylan trägt Hut, steht zu Beginn der Songs zunächst und sitzt dann am kleinen Klavierflügel, bevor er am Ende des Songs wieder aufsteht. Schon mit dem zweiten Song „It Ain’t Me, Babe“ verfällt er wieder in die Routine seiner bisherigen Setlists und läßt ein sehr schnell gespieltes „Highway 61 Revisited“ und ein langsamer gespieltes „Simple Twist Of Fate“ folgen. Auf der Leinwand sieht man deutlicher als sonst, wie mimenreich der Meister der Wortkultur in der Populären Musik sein Liedgut wohlakzentuiert ins Mikro haucht, flüstert oder schreit. Er zieht Worte in die Länge, betont Textzeilen unterschiedlich wie kaum zuvor. Er macht einmal mehr bewußt, wie unterschiedlich die teils jahrzehntealten ein- und dieselben Lieder neu und „anders“ klingen können.
Immer dann, wenn sich Dylan im Konzert „wohl fühlt“, schreitet er zur Bühnenmitte. In Stuttgart tut er das mit „Can `t Wait“ bereits beim fünften Song. Er singt auffällig sauber, konzentriert und ist bemüht der Melodie und Intonierung des Originales zu folgen. Dylan trägt Schwarz in Stuttgart. Schwarze Hose mit weißen Streifen, weißer Gürtel, schwarze Schuhe, schwarzer Blazer. Darunter trägt er weißes schwarz gepunktetes Hemd mit schwarzem Tuch, darüber schwarzer breitkrempiger Hut. Dylan möchte entspannt wirken, mimt den Entertainer, hält mit der rechten Hand den Mikrofonständer und stützt sich mit der linken in der Hüfte ab. Dylan nutzt eines von vier bereitstehenden Gesangs-Mikrophonen. Ein weiteres benutzt er als Tanz- oder Gehhilfe. Zwei weitere stehen für den Rest des Abends einfach nur als Dekoration herum. Je weniger Smartphones Dylan im noch tageslichthellen Schlossgarten entdecken kann, umso mehr scheint er aus sich herauszugehen und post wieder „elvis-a-like“. Die Leinwände geben preis, was sonst nur die vorderen Reihen sehen: Bob Dylans Lächeln und seine sichtliche Zufriedenheit über den (kamerarmen) Verlauf des Abends.
Machte beim 9. Song „Scarlet Town“ den Song&Dance-Man
Mit Songs wie „When I Paint My Masterpiece“, „Honest With Me“ und „Tryin‘ To Get To Heaven“, die Dylan wieder am Piano sitzend und zwischen durch mal stehend präsentiert, verfällt er in die Kontinuität seiner Routine, ohne nicht auch Raum für Interpretationen zu lassen. „You don’t understand it, my feelin‘ for you/ You’d be honest with me if you only knew“, singt er in „Honest With Me“ und lächelt bei Textzeilen wie „Some things are too terrible to be true“ und „I care so much for you, didn’t think I could/ I can’t tell my heart that you’re no good“ vielfach.
Beim neunten Song „Scarlet Town“ zieht es „His Bobness“ wieder an den Mikrofonständer in der Bühnenmitte. Dylan macht den „Song And Dance Man“. Stehend stampft er sich durch den Rhythmus des 2012er Tempest-Song, der voller Symbole und Metapher ist und die Geschichte einer Stadt nahe dem Ende der Welt erzählt. Der Schlossgarten ist ruhig wie zur Andacht in der Kirche. Die Jünger des Rock-Messias lauschen wie dem Klang bei einer Predigt. Dylan gefällt das und er lächelt wieder. Der Song dauert knapp sechs Minuten und steigert die gute Stimmung des Konzertabends ohne jegliche atmosphärische Störungen. Donnie begleitet ihn mit dem Banjo und Tony kommuniziert ebenso mit ausdrucksstarkem Lächeln am Stand Up-Bass. Tony Garnier, das Urgestein aus Dylans Neverending Tour-Band und seit 30 Jahren mit ihm auf Konzertreisen spürt Dylans Begeisterung über das Zusammenspiel mit seinen Musikern und über die Aufmerksamkeit seines Stuttgarter Publikums. Dylan ist wirklich gut drauf.
Nach „Make You Feel My Love“, bei welchem der König der Singer/Songwriter-Gilde auch die Mundharmonika bemüht, spielt er nach kurzer Ansage für die Band „Pay In Blood“. „The more I die, the more I live“ singt er darin und macht Stuttgart damit zum Hort rockpoetischer Philosophie. Danach gibt es eine weitere musikalische Steigerung: „Like A Rolling Stone“. Und nein, das Publikum singt gottseidank nicht karaokemäßig mit( , erst gegen Ende konntens ich einige nicht beherrschen, doch noch lautstark mit zugröhlen und störten die „Stuttgarter Andacht“). Der Großteilm des Publikums lauscht wieder andächtig, wie Dylan sein Lied dekonstruiert, rapturehaft zerlegt und meisterlich wieder zusammensetzt. „Early Roman Kings“ und „Girl From The North Country“ weiß Dylan höchst konzentriert zu interpretieren, als wolle er den Stuttgartern mit dieser Performance etwas mitgeben, was er sonst nicht immer gerne preisgibt: Das innere des Liedes, das was der andere große Rockpoet „Leonard Cohen“ einst den Aufstieg in den „Tower Of Song“ bezeichnete.
Bei „Love Sick“ kommt wieder eine Überraschung: Bob Dylan nimmt seinen schwarzen Hut ab und lacht laut am Ende einer der ersten Zeilen: „You destroyed me with a smile/ While I was sleeping/ I’m sick of love/ That I’m in the thick of it/ This kind of love.“
Die, die weniger in das Liedgut des Majestros eingedrungen sind und sich mehr für die Bob-Klassiker interessieren, waren vielleicht mit den darauf folgenden Songs „Thunder On The Mountain“, „Soon After Midnight“ und „Gotta Serve Somebody“ nicht so gut bedient. Letztgenannter Song stammt aus Dylans religiöser Phase. Der Song bringt wohl die Quintessenz all seiner Wortkunst auf den Punkt. „Well it may be the Devil/ Or it may be the Lord/ But you’re gonna have to serve somebody“. Mit dieser Erkenntnis macht Dylan den Stuttgarter Schlossgarten zum Tempel einer Weisheit. Eine Weisheit, wie sie von keinem anderen Vertreter der Populären Musik jeh so treffend formuliert wurde. Die Sehnsucht nach analoger Nähe zu Künstlern wie Bob Dylan wird umso stärker, je näher sie dem Zeitpunkt des Gehens kommen.
Als hätte man an diesem Abend nicht schon genug von Dylan erfahren, nicht schon genug von Dylans Mimik und Gestik, Gesichtszügen und Stimmnuancen erleben dürfen, nun wurde man also auch noch Zeuge einer Erkenntnis, die man eigentlich so nur einem Bob Dylan abnimmt. Strittig in Stuttgart blieb in diesem Moment auch nur, was sonst strittig ist, wenn man über den objektiven Tatbestand der Erkenntnis nachdenkt. Geht es um den Prozess des Erkennens oder den Zustand, erkannt zu haben? Aber es ist, wie es immer bei Bob Dylan ist. „The Answer is blowin`in the wind“ und die wird musikalisch auch (leider nur) zu einer einzigen Zugabe. Am 16. April 1962 hat Bob Dylan in New York „Blowin’ In The Wind” erstmals live vorgestellt. 57 Jahre später tat er das zum ersten Mal im Rahmen eines sagenhaft schönen Konzertes bei den Stuttgarter Jazz Open 2019.
Noch am selben Abend verließ Dylan Stuttgart und flog nach London, wo er zwei Tage später zusammen mit Neil Young das Hyde Park-Festival bestreiten wird. Ob er deswegen nur -unüblich“ und „anders“ als sonst, nur eine Zugabe spielte, weiß nun wirklich nur der Wind.
Review: with the help of google translator …
Bob Dylan – Live at the Jazz Open in Stuttgart 2019 – Bob Dylan’s Stuttgart concert was beautiful and „different“!
by Christof Graf
Yes, also „Stuttgart“ was once again „different“. The 3043th Concert of the much-cited Neverending Tour by Bob Dylan was part of the 26th Jazz Open Festival in Stuttgart. Jazz Open Stuttgart is a jazz festival held annually in Stuttgart since 1994, in which all other genres of popular music are represented. 2019 is the year of premieres. Bob Dylan joins among others for the first time at the jazz festival. To say it in advance, he seemed to enjoy the jazz-like atmosphere in the Stuttgart Schlossgarten, given his good playful mood and obvious joy in the face. This prestigious festival is expected to attract over 45,000 paying visitors on five stages over 50 concerts. The „Open Stages“ complete the program as entry-free stages. Bob Dylan’s Stuttgart concert was sold out, beautiful and „different“!
And what was „different“? „Stuttgart“ was the last German concert of Bob in the „Summer Europe Tour of 2019“. And Bob was just sensationally good in „Stuttgart“. Good mood, playing well on the small piano and good in voice. Not „different“, was the eternal whine about the ban on photography.
There were 7000 visitors in the sold out Stuttgart castle garden. About 3000 of them were on the opposite platform tribune space. 1000 stood in the demarcated „Front Of Stage“ area and another 3000 were located in the standing behind it area. The „Front Of Stager“ consistently followed the photography ban. On the grandstand seats in the last third of the concert, but then every now and then a smartphone was spotted.
„In the age of selfie photography, not only what we see changes, but also the experience of events. If we could enjoy a concert directly, we switch the smartphone between the presented emotion and our perception. Because we think we have to store everything visually, we stay at a distance. Some argue that artists like Bob Dylan do not tolerate photography. Others find that an artist should tolerate it when his fans want to document their expensive paid concert attendance, a psychologist quotes in the daily Stuttgart newspaper. – But the discussion is no longer up to date. But what does a rock legend, who ignored the awarding of the Nobel Prize for Literature for a long time, and for over two years, as in Stuttgart, no word addressed to his live audience.
In Stuttgart, everything was implemented fairly moderately and audience friendly; prohibiting smart phones in principle will not be feasible.
Maybe a compromise is the solution. Those who want to have the chance to take a picture or a short film of the artist’s most expensive performance, and then it should end. Finally, there are enough artists who explicitly point out to take photos of the concert and post it on social media. Well, Bob Dylan is not one of them. Ok, on the one hand he is a „public figure“, even a „figure of historical importance“ and concerting is not privacy. On the other hand, he is together with the organizer host of the location and can it u.a. on the basis of the „right to own picture“ forbid that photos of it are made. The discussion of how to deal with media of any kind, especially in the digital age, will neither be ended nor regulated with prohibitions. One approach, with the medialization terms, would be e.g. that of the band „King Crimson“. They also do not like to use smartphones during their concerts, but allow it at the encore and even make themselves available for a „group picture“ before they leave the stage. But enough, with the single theme of photography, after all, the „Jazz Open“ concert in Stuttgart was „different“ in many (positive) ways.
Admission on July 10th in the Stuttgart castle garden was at 17.30. As a special guest Julia Biel opened at 18:45. Previously, the organizers informed what the media had already announced: The second big act, „Sting“ on the following evening, would unfortunately have to fail due to his illness.
Jutta Biel played just under an hour. The singer with South African roots took the audience on a musical journey with emotional songs full of intensity, soul and a lot of funk, sometimes tender and quiet, sometimes groovy and loud. The audience liked it and gouted it with concentrated listening and respectful applause. Then appeared on the next to the stages installed video screens „Coming Next: 20:15 Bob Dylan“. No one believed that Bob Dylan’s concert would be projected onto the screens. But as I said, „Stuttgart“ was (pleasant) „different“.
Right on time at 8:15 pm the current Dylan`s intro by Stravinsky and Dylan’s musicians came on stage. Tony Garnier changed the bass guitar, Charlie Sexton his lead guitar. George Recile sat down on his drums and Donnie Herron took the place behind Dylan’s piano on the steels` place. On the right outside was a copy of Dylan’s „Oscar“ for the best movie song of the year 2000. A song, which he did not played that night. In addition, a „Bust of Poetry“ is probably based on the Nobel Prize. Since 2014, the stage looks like a Hollywood film set with the big stage lights and work lamps. The master briefly looked into the audience and smiled. The location of Stuttgart`s castle courtyard seemed to please him. To the surprise of the audience, the stage action was projected onto the screens. For me, this was the first time since Dylan’s „Rock am Ring“ appearance in 1998, that you could see Dylan – even saw „close ups“ – at a concert in Germany on a moving-picture screen. In 1998 there was only a still projection of his concert. The Master’s smile was thus visible except for the farthest grandstand seats. Only the barely 2000 „horny fence guests“, who had made themselves comfortable outside on the castle meadow outside the location, could not see the master, but listen for nothing.
Those who could hear and see him experienced Bob Dylan from the beginning of his concert in good spirits. The STUTTGARTER NACHRICHTEN wrote during the day „Stuttgart puts a smile on the master’s face“ and the SÜDWESTRUNDFUNK headlined his concert critique with the words: „Impressive Bob Dylan at the Jazz Open in Stuttgart“. The STUTTGARTER ZEITUNG concluded in their preliminary review „Bob Dylan at the Jazz Open – Man, he’s in a good mood! – They were all right. As I said, „Stuttgart“ was „different“.
Dylan opened contrary to his previous Germany concerts not with „Things Have Changed“, but with „Ballad Of A Thin Man“. With this, he offered an idiosyncratic song arrangement and a powerful voice at the beginning of the sold out concert.
Dylan wears his hat, stands at the beginning of the songs first and then sits at the small piano wing, before he gets up at the end of the song again. Already with the second song „It Is not Me, Babe“ he falls back into the routine of his previous setlists and lets follow a very fast played „Highway 61 Revisited“ and a slower played „Simple Twist Of Fate“. On the screen one can see more clearly than usual how mime-rich the master of the word culture in popular music breathes his songs well accentuated into the micro, whispering or screaming. He pulls out words, emphasizes text lines differently than ever before. He once more realizes how different the partly decades old one and the same songs can sound new and „different“.
Whenever Dylan feels at ease in the concert, he walks to the middle of the stage. In Stuttgart he does that with „Can`t Wait“ already on the fifth song. He sings noticeably clean, focused and strives to follow the melody and intonation of the original. Dylan wears black in Stuttgart. Black pants with white stripes, white belt, black shoes, black blazer. Underneath he wears a black polka dot shirt with a black cloth and a black wide-brimmed hat over it. Dylan wants to be relaxed, mimes the entertainer, holds the microphone stand with his right hand and braces his left hip. Dylan uses one of four available vocal microphones. Another he uses as a dance or walking aid, two more are for the rest of the evening just as a decoration. The fewer smartphones Dylan can discover in the still daylight-bright castle garden, the more he seems to go out and post again „elvis-a-like“. The canvases reveal what otherwise only the front rows see: Bob Dylan’s smile and obvious satisfaction over the course of the evening.
With songs like „When I Paint My Masterpiece“, „Honest With Me“ and „Tryin ‚To Get To Heaven“, sitting Dylan back on the piano and standing between times, he falls into the continuity of his routine, without it to leave room for interpretation. „You do not understand it, my feelin ‚for you“, he sings in „Honest With Me“ and smiles at lines of text like „Some things are too terrible to true“ and „I care so much for you, did not think I could / I can not tell my heart that you’re no good“ many times.
The ninth song „Scarlet Town“ draws „His Bobness“ back to the microphone stand in the middle of the stage. Dylan makes the „Song And Dance Man“. Standing stomping through the rhythm of the 2012 “Tempest” song, full of symbols and metaphor, telling the story of a city near the end of the world. The castle garden is quiet as for devotion in the church. The disciples of the Rock Messiah listen like the sound of a sermon. Dylan likes that and he smiles again. The song lasts about six minutes and enhances the good mood of the concert evening without any atmospheric disturbances. Donnie accompanies him with the banjo and Tony also communicates with an expressive smile on the stand up bass. Tony Garnier, the veteran of Dylan’s Neverending Tour band and for 30 years with him on concert tours feels Dylan’s enthusiasm about the interaction with his musicians and the attention of his Stuttgart audience. Dylan is in a good mood.
After „Make You Feel My Love“, in which the king of the Singer / Songwriter guild also endeavors the harmonica, he plays after a short announcement for the band „Pay In Blood“. He sings „The more I take the more I give/ The more I die the more I live” in it, making Stuttgart a haven of rock-poetic philosophy. Then there is another musical boost: „Like A Rolling Stone“. And no, thank God, the audience does not sing karaoke-esque with. It listens reverently, as Dylan deconstructs his song, rapturehaft dissected and masterfully reassembled.
Dylan knows how to interpret „Early Roman Kings“ and „Girl From The North Country“ in a highly concentrated manner, as if he wanted to give the Stuttgart people something he does not always like to reveal: the inner part of the song, the other great rock poet „Leonard Cohen“ once referred to the rise in the „Tower Of Song“.
„Love Sick“ is another surprise: Bob Dylan takes off his black hat and laughs loudly at the end of one of the first lines: „You destroyed me with a smile / While I’m sleeping / I’m sick of love / That I ‚ m in the thick of it / This child of love. „
Those who did not get into the songs of the majesty and are more interested in the bobsleigh classics might not be well served with the following songs „Thunder On The Mountain“, „Soon After Midnight“ and „Gotta Serve Somebody“. Last song is from Dylan’s religious phase. The song brings the quintessence of all his word art to the point. „Well it may be the Devil / Or it may be the Lord / But you’re gonna have to serve somebody“. With this realization, Dylan makes the Stuttgart Schlossgarten a temple of wisdom. A wisdom that has not been so aptly formulated by any other representative of popular music. The yearning for analogous proximity to artists like Bob Dylan becomes stronger the closer they get to the time of walking.
As if you had not already had enough of Dylan that evening, you could not experience enough of Dylan’s facial expressions and gestures, facial features and vocal nuances, so now you’ve also witnessed a realization that you actually only accept from a Bob Dylan. In Stuttgart at that moment there was also a contentious issue, which is otherwise disputed, when one thinks about the objective fact of the realization. Is it about the process of knowing or the state of having recognized? But that’s how it always is with Bob Dylan. „The Answer is blowin`in the wind“ and musically (unfortunately only) becomes a single encore. On April 16, 1962 Bob Dylan premiered „Blowin ‚In The Wind“ for the first time in New York. 57 years later he did so for the first time as part of an amazingly beautiful concert at the Stuttgarter Jazz Open 2019.
That same evening, Dylan left Stuttgart and flew to London, where he will play the Hyde Park Festival together with Neil Young two days later. So whether he only played „unusual“ and „different“ than usual, just one encore, only the wind really knows.
Setlist:
Stuttgart, Germany >Jazzopen SchlossplatzJuly 10, 2019 |
1. | Ballad Of A Thin Man (Bob on piano) |
2. | It Ain’t Me, Babe (Bob on piano) |
3. | Highway 61 Revisited (Bob on piano) |
4. | Simple Twist Of Fate (Bob on piano and harp) |
5. | Can’t Wait (Bob center stage, Donnie on electric mandolin) |
6. | When I Paint My Masterpiece (Bob on piano and harp) |
7. | Honest With Me (Bob on piano) |
8. | Tryin‘ To Get To Heaven (Bob on piano, Tony on standup bass) |
9. | Scarlet Town (Bob on center stage, Donnie on banjo, Tony on standup bass) |
10. | Make You Feel My Love (Bob on piano and harp) |
11. | Pay In Blood (Bob on piano) |
12. | Like A Rolling Stone (Bob on piano, Tony on standup bass) |
13. | Early Roman Kings (Bob on piano, Tony on standup bass) |
14. | Girl From The North Country (Bob on piano, Tony on standup bass) |
15. | Love Sick (Bob on piano) |
16. | Thunder On The Mountain (Bob on piano, Donnie on electric mandolin) |
17. | Soon After Midnight (Bob on piano) |
18. | Gotta Serve Somebody (Bob on piano, Tony on standup bass) |
(encore) | |
19. | Blowin‘ In The Wind (Bob on piano, Donnie on violin, Tony on standup bass) |
Quelle: Boblinks.com
Pressestimmen:
STUTTGARTER NACHRICHTEN
Bob Dylan bei den Jazz Open Stuttgart zaubert dem Meister ein Lächeln aufs Gesicht
SWR
Musik Beeindruckender Bob Dylan bei den jazzopen in Stuttgart
STUTTGARTER ZEITUNG
Bob Dylan bei den Jazz Open – Mann, ist der gut drauf!
BADISCHE NEUESTE NACHRICHTEN
Auftritt am Mittwoch -Legende Bob Dylan grinst sich eins bei den Stuttgarter Jazz Open
https://bnn.de/nachrichten/kultur/legende-bob-dylan-grinst-sich-eins-bei-den-stuttgarter-jazz-open
REGIOACTIVE
Festivalagenda
2019
2018
2017
2016
2015
2014
2013
2012
2011
2010
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
1998
1997
1996
1995
1994