KW-13-2018: Im Labyrinth der Verehrung – German Version/ Dt. Version des leonardcohenfiles-article: In The Labyrinth Of Worship – LEONARD COHEN – A Crack In Everything – or „What remains?“ – A Walk Through the Montreal Leonard Cohen – MAC Exhibition

Im Labyrinth der Verehrung : Leonard Cohen : A Crack in Everything

or

Was bleibt? – A Walk through the MAC Leonard Cohen Exhibition in Montreal/ Canada

 Text & Pics: Prof. Dr. Christof Graf 

Was bleibt? Vierzehn Studio-Alben und etwas über 150 Lieder, je nachdem, ob man Coverversionen mitzählt oder nicht? Dreizehn Bücher. Je nachdem ob man die „Collected Poems“-Ausgaben mitzählt oder nicht, Hunderte von Gedichten und zwei Romane? Zeichnungen, Computergraphiken und Aquarelle? Leonard Cohen war nicht nur Singer/ Songwriter und Poet, Leonard Cohen war vielen Künsten gegenüber aufgeschlossen. Cohen war aber auch an Künsten anderer Künstler interessiert. Cohen war offen gegenüber Film, Theater und Tanz, Musicals und Fotografie, wie solch herrliche Engagements wie z.B. bei dem Filmprojekt „I`m Your Hotel“ (1984), bei der Gastrolle in der US-TV-Serie „Miami Vice“ (1987) oder bei dem Musical „Night Magic“ (1985) beispielhaft zeigen. Aber auch schon 1973 agierte er als Musical-Autor für “The Sisters Of Mercy – A Musical Journey Into The Words Of Leonard Cohen“. Dies war ein von seinem damaligen Manager und Anwalt Marty Machat produziertes Projekt. Die Liste künstlerischer Engagements von Leonard Cohen ist lang und vielfältig. Ebenso vielfältig ist die am 9. November 2017 eröffnete Ausstellung „Leonard Cohen : A Crack in Everything“ im Musée d‘ Art Contemporain de Montréal (MAC).

 Zwei Tage zuvor hatte ich zunächst Gelegenheit bei einer Preview-Führung mit dem Kurator John Zeppetelli und einigen Künstlern durch die Ausstellungsräume des MAC zu flanieren. Am Mittwoch, den 8. November gab es eine offizielle Pressekonferenz im MAC ohne Führung. Am Dienstag davor, den 7. November 2017, Ortszeit 10.00 Uhr hatte Kurator John Zeppetelli ein Dutzend Journalisten zu einem kleinen Pressefrühstück mit Rundgang geladen. Aus dem Rundgang wurde ein kommentierter Einblick in eine Ausstellung, die es so weltweit für einen Künstler der Populären Musik noch nicht gegeben hat.

Das MAC ist für all jene, die „Downtown“ Montreal leben, unterkommen oder zu Gast sind, perfekt gelegen. Viele der Downtown-Hotelketten sind nicht weiter als maximal 30 Minuten Fußweg vom MAC, in der 185 Saint-Catherine St W, Montreal, QC H2X 3X5, Kanada entfernt. Ich wohnte auch „downtown“,  in der Peel Street. Auch ein knapp 30 minütiger Fußweg zum Mac. Die Peel Street ist  ideal gelegen, um „Leonard Cohen`s Montreal“ zu entdecken. Dieser Morgen des 7. November 2017, einen Tag nach dem „Tower Of Song“-Konzert, war mit Minus vier Grad Celsius der kälteste Tag in der zweiten Novemberwoche in Montreal.  Der arktische Ostwind machte daraus gefühlte Minus zehn Grad.  Es war aber auch einer der letzten klaren Sonnentage, bevor die Temperaturen am Ende der Woche weiter fielen. Gegen Ende der Woche fiel sogar etwas Schnee.

Anyway, ich verließ meine Unterkunft in meinem Montrealer „Adlerhorst“ wie ich meine Unterkunft im 14. Stockwerk mit Blick auf die Mc Gill University bezeichnete, und überquerte die Sheerbrooke Street. Würde ich von dort nach rechts abbiegen, am Ritz Carlton vorbei, wäre die Rue Crescent, eine zweite Querstraße zur Sheerbrooke die Straße, in der mittig das zweite Mural von Leonard Cohen zu bewundern wäre. Dieses wurde übrigens nachmittags in Anwesenheit der Urheberin des Fotos, Cohens Tochter Lorca und Robert Kory, der Leonard Cohen seit etwa 2006 managte,  anlässlich der 375-Jahresfeiern von Montreal offiziell der „Stadt Montreal“ übergeben. Dieses erste Mural stieß in der Montrealer Bevölkerung auf Unverständnis, wie mir am Nachmittag ein dortiger Gastronom erzählte. Viele Montrealer verstanden nicht, warum das Mural nicht dort angebracht wurde, wo Leonard Cohen in den letzten Jahren lebte, nämlich rund um den „Parc Du Portugal“, rund um sein dortiges Zuhause. Der einzige Bezug zu Leonard Cohen hat das Mural deswegen, weil er in der Rue Crescent Cohen einmal fotografiert wurde und das Foto als Cover-Photo für das Live-Album „Field Commander Cohen“ verwendet wurde.

Eine Diskussion, die dadurch entkräftet wurde, daß die Stadt ein zweites weiteres Mural, hinter dem Parkplatz des „Moshe“-Restaurants, ganz in der Nähe von Cohens Haus in Auftrag gab. Ungeachtet dieser Tatsachen, passen die Murals in die „Bilder einer Ausstellung“, die in dieser zweiten Novemberwoche der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Ungeachtet dieser Gedanken, machte ich mich weiter auf den Weg zur „MAC“-Ausstellung. Eines der Murals lag dabei nicht auf dem Weg.

Ich biege nicht rechts ab. Ich überquere die Sheerbrooke und mache mich weiter auf der Peel auf den Weg zum MAC, bis zur Kreuzung Rue St. Catherinne. Dort biege ich links ab und tauche in eine gerade einen neuen  Arbeitstag begrüßende  Geschäftswelt ein. Einige der Geschäfte waren noch geschlossen, andere hatten gerade geöffnet, Kaffeehäuser wie Starbucks scheinen jedoch 24/ 7 geöffnet zu haben. Vorbei an einem Postamt, einem Tattoo-Studio und an einer Kampsportsschule begegnet man schnell in ihre Büros huschenden Business Men & Women, Studenten auf dem Weg in ihre Vorlesungen und erste Kunden von Geschenke- oder Lebensmittelläden oder Buchhandlungen wie Indigo,

An einem kleinen eher unscheinbaren Starbucks, kreuzt sich die St.-Catherine mit der Rue Jeanne-Mance und gibt plötzlich den Blick auf das MAC frei. Die drei großen Buchstaben M,A und C  an den Seiten zur Rue Jeanne-Mance und ein gelbes Transparent mit dem Namen Leonard Cohen weisen darauf hin, daß dieses eher nicht wie ein Museum, von außen  zunächst mehr wie ein Einkaufszentrum wirkende Gebäude, letztendlich das MAC ist. Hinter dem MAC befindet sich übrigens der „Place Des Arts“, auf dem auch schon Leonard Cohen beim Montreal Jazz-Festival an drei Tagen vom 23.-25. Juni 2008 aufgetreten ist.

Läuft man ein paar Meter weiter um das Gebäude herum, ein wenig weiter in Richtung St. Catherine, wird das gelbe Transpararent mit einem großen Fotomotiv Leonard Cohens ergänzt. Rechts davon, recht unauffällig ist der Haupteingang. Darüber ist ein Foto angebracht, das man von der Bewerbung der „Listening To Leonard“- Veranstaltung kennt und von Michael Putland stammt.

Im ebenerdigen Empfangsbereich befinden sich Informationsstände und Garderoben, Sitzgelegenheiten und der spiralförmige Treppenaufgang zum Obergeschoss. Dort lädt ein großes Plakatmotiv in einer Größe von  etwa drei mal fünf Meter Größe ein. Das Motiv stammt aus dem Video-Dreh von „First We Take Manhattan“, produziert von Dominique Isserman in Deauville/ Frankreich. Cohen ist darauf überlebensgroß abgebildet.  Mit Faktor „2“ fast doppelt so groß wie das „Original“. Daneben ist sein Namen in großen schwarzen Lettern auf weißem Hintergrund zu lesen. Ein gelungenes Entrée für die „Reise“ in Cohens Welt.So sieht es auch John Zeppetelli: „Es ist eine Art Beginn einer Reise durch das Leben und Werk eines „Wortschmiedes“, eines außergewöhnlichen Singer/ Songwriters, dessen Kunst auf Menschen in der ganzen Welt gewirkt hat“, wie er einladend antwortet , ohne, daß er danach gefragt wurde.

Zeppetelli, der seit August 2013 im Amt des MAC-Direktors und seine Mitarbeiter erzählen zunächst über die Vorgeschichte und ihre Vorbereitungen, bevor dann die einzelnen Kunstwerke besichtigt werden. Währenddessen und im Anschluß stehen Zeppetelli  und einige Künstler für Gespräche zur Verfügung.

Bei der kleinen Einführungsrede nach der Begrüßung fallen seitens der Organisatoren bereits die ersten Zitate, die danach sehr zeitnah in vielen Medien und sozialen Plattformen um die Welt gingen. Jeder der Journalisten nahm sie dankbar mit Dat-Recorder, Video-Cam oder Smartphone auf.

Es sei die „erste große Ausstellung, die Cohens Vermächtnis gewidmet ist“, und obwohl es wie eine Art von Show nach dem Tod einer Ikone aussieht, war diese Ausstellung schon weit im Voraus geplant und hatte Cohens Einverständnis noch zu dessen Lebzeiten.  Besonders freute man sich, als es 2016 hieß, Leonard Cohen würde ein neues Album herausbringen. „We were excited to be celebrating a living legend, an active musician, poet and cultural figure who had been active for five decades,” sagt Zeppetelli stolz. “We were so looking forward to taking him around the exhibition hall and showing him how relevant and powerful he has been to so many people.”

Trotzdem war Zeppetelli überrascht wie erfreut zugleich, die Zusage Cohens zu haben, denn er kennt ihn als höchst privaten Menschen, der solchen Projekten eher zurückhaltend gegenüber steht.

Der Grund, warum Cohen durch seinen Anwalt und Manager Robert Kory seine Zustimmung gab, war wohl, mutmaßt Zeppetelli, „because this wasn’t a hagiography, it wasn’t a collection of his fedoras. This show was contemporary art commissions where we invited artists to think about Leonard Cohen’s cultural output, to be displayed in Montreal, the city he came back to – to be buried.”

Man wollte bewußt keine Ausstellung, wie z.B. „“David Bowie Is” haben, bei der vordergründig  Bühnenklamotten und Fotos zu sehen sind.  Einige Medienvertreter hatten die David Bowie-Ausstellung in London oder Berlin bereits gesehen.

(„David Bowie Is“, so the name of that exhibition includes more than 300 objects collected from Bowie’s teenage years through his death last year”, says Brooklyn Museum, in which the exhibition will be from March 2 to July 15. Archivists spent several years organizing and culling from a 75,000-piece collection. Objects include set designs, photography, rare performance videos and stage costumes — like bodysuits from the “Ziggy Stardust” tour in 1972 and a coat designed by Bowie and Alexander McQueen for the “Earthling” album cover in 1997. Some will artifacts will be new and exclusive to the Brooklyn Museum, including musical scores and handwritten set lists. Bowie’s music will play on speakers and headphones throughout the show. The exhibition opened at the Victoria and Albert Museum in London in 2013, becoming the most-visited show in the museum’s history. It has traveled to cities all over the world and has been seen by over 1.8 million people. Organizers say the Brooklyn Museum will be the final stop.”; Anmerkung des Autors).

Nein, „es sollte keine Gitarrensammlung oder dergleichen gezeigt werden, und auch nicht die grauen Anzüge oder Hemden, die Cohen in fünf Tourneejahren geradezu „uniformartig“ wie eine Art „Arbeitskleidung“ trug“, so Zeppetelli.

„Unglücklicherweise starb Cohen vor der Öffnung der Ausstellung. Die Ausstellung wirkt zwar jetzt ein wenig wie eine Art Erinnerungsausstellung, ist es aber nicht. „Die meisten Künstler wurden noch zu Lebzeiten dazu eingeladen und aufgerufen, sich mit dem Werk Cohens auseinanderzusetzen. Es geht nicht nur um Verehrung, es geht um Reflektion und um Interpretation von Cohens Kunst aus der Sicht anderer Künstler.“ 

 Und ja, obwohl man auch die berühmte Olivetti-Schreibmaschine zu sehen bekommt, mit der Cohen seine ersten Werke schrieb, geht es nicht darum, Hard Core-Sammler mit Memoriabla zu beeindrucken. Es geht darum, Cohens Kunst in neuer Kunst wiederzuspiegeln.

“This show was contemporary art commissions where we invited artists to think about Leonard Cohen’s cultural output, to be displayed in Montreal, the city he came back to – to be buried”, so Zeppetelli im O-Ton.

Aber man sollte sich doch am besten selbst ein Bild davon machen, meinte Zeppetelli und lud zum Rundgang ein. Mit beim Rundgang dabei, einige der Künstler, deren Arbeit Bestandteil von „A Crack In Everything“ ist. Als der Rundgang – noch unter Ausschluss der Öffentlichkeit – beendet war, besuchte auch Sharon Robinson die Ausstellung und stand für kleine Gespräche zur Verfügung .

 „Eine Reihenfolge gäbe es nicht, die Ausstellung kann ohne einen Zwangsablauf begangen werden, es gibt keine chronologische Abfolge“, sagt Zeppetelli.  Wir können zuerst nach Links oder nach Rechts gehen“, meine der Kurator in dem kleinen provisorisch eingerichteten Bistro hinter dem Eingangs-Transparent.

Wir schreiten zunächst in den Raum, in dem die anwesenden Künstler Mouna Andraos und Melissa Mongiatl ihre „experimentelle performace installation“ vorstellten.  „I Heard There Was a Secret Chord is a participatory humming channel that reveals an invisible vibration uniting people around the world currently listening to Leonard Cohen’s “Hallelujah”, sagen sie überzeugt.

Auf der anderen Seite der Ausstellungsräume im Obergeschoss des MAC führte Zeppetelli zu Candice Breitz Beitrag. “The artists’ meditations on Cohen’s work have resulted in pieces like South African artist Candice Breitz’s recreation of Cohen’s album I’m Your Man, all sung by Montreal men over the age of 65”, sagt Zeppetelli und führt uns in einen großen dunklen Raum mit zahlreichen Video-Portraits in Orginalgröße dieser “über 65jährigen”.

 Die gesamte Ausstellung “takes its title from Cohen’s song “Anthem”, which contains the famous line “There is a crack in everything, that’s how the light gets in.” The song also inspired artist Kara Blake’s piece for the show, an immersive installation called “The Offerings”. “The song apparently took Cohen 10 years to craft and is just one example of his many artistic offerings that get inside the beautifully flawed nature of being human,” sagt der Künstler Blake selbst. “I wanted my piece to present visitors with a sampling of the creativity, wit and insight Cohen has gifted us with.”

Zeppetelli erklärt beim Rundgang:  “To bring those elements to life, Blake pored through decades of archival material, including film and television appearances, photographs and written documents, to craft a portrait of the artist displayed on video screens with Cohen’s velvet-clad voice enveloping the viewer in the darkened room. The piece is a portrait of Cohen wrought out of his own words, letting visitors spend time in what Blake calls “his contemplative universe”.

Je länger man sich in diesem Rundgang bewegt, umso mehr offenbahren sich Eindrücke der Mehrdimensionalität, offenbahren sich Vielfältigkeit und Tiefe, die Cohen bei anderen Künstlern hinterlassen hat.

Zeppetelli und den mehr als 40 Visual Artists, Filmmachern und Musikern aus zehn Ländern gelingt etwas bis dato sehr Innovatives. Eine Mischung aus traditioneller Ausstellung und  zeitgenössischer Multimedia-Show.

“The project’s relevance only seemed to increase as it took shape: Cohen came out with his valedictory masterwork, “You Want it Darker”, and then died the day before the election of Donald Trump — and, as it transpires, exactly a year before the opening of “A Crack in Everything”.  “It was like a tectonic shift,” sagt Zeppetelli. “The poet of love and brokenness disappears and this monstrous figure rises improbably and incomprehensibly into the most important office.” Die Zeitung, die das dokumentiert, wird ebenso in der Ausstellung gezeigt. Die Ausgabe der NEW YORK TIMES liegt in einer Glasvitrine.

Etwas gewöhnungsbedürftig, aber nicht minder beeindruckend, ist die Performance der Kanadierin Clara Frey.  Ihr „When Even The” is a cycle of performances inspired by the eponymous poem by Leonard Cohen. In this ninety-minute work, Furey engages in an existential reflection on memory, the passage of time and death—all major themes in Cohen’s work”, beschreibt  Zeppetelli diese Performance.

Der Raum, den Cohen-Fans wohl am interessantesten finden und wohl auch die meiste Zeit verbringen möchten, ist der, in dem Live-Videos gezeigt werden. Zu sehen sind zahlreiche Aufnahmen aus offiziellen Video-, DVD- und BLURAY- Publikationen aus fünf Jahrzehnten.  Aber auch Ausschnitte aus Fernsehbeiträgen oder Konzerten bei CBC, BBC oder auch dem deutschen ZDF sind berücksichtigt. Zu den Ausschnitten aus fünf Jahrzehnten künstlerischem Schaffen  gehören u.a. Aufnahmen aus dem 1972er Kino-Film „Bird On A Wire“, dem einzigen offiziellen Kauf-Video „Songs From The Life Of Leonard Cohen“ (1988)  oder vom 1979er Live-Konzert „Rock Pop Special“  im zweiten deutschen Fernsehen (ZDF).  

Wenn man alles auf sich wirken lassen möchte und hin und wieder auch auf den Sitzgelegenheiten verweilen möchte, sind allein bis jetzt schon knapp drei Stunden vergangen. Man will nicht wirklich etwas auslassen.

Die kanadischen Künstler Janet Cardiff und George Bures Miller sind international anerkannte Kunstschaffende, die für ihre „immersive multimedia sound installations“ und beeindruckenden Audio/video-Walks berühmt sind.

Von Tacita Dean`s innovativer Idee und  Arbeit ist Zeppetelli besonders begeistert, wie man allerdings etwas schwer nachvollziehen kann. Das gezeigte Video in einem dunklen Raum ist einfach nur langweilig. Zeppetelli aber sagt:  “4’33’’ is a 4-minute, 33-second silence “performed”  in three movements—was highly influential in twentieth-century music and very emotional for the choreographer.” – Warum? “Well, the title plays on the expression “earworm”, which refers to a song that repeats in one`s head. Earworms can be triggered aurally as well as associatively. The film shows a bord literally sitting on a wire and is 3 minutes and 33 seconds long, exact he same length as that of Leonard Cohebn`s  signature song “Bird On A Wire”. 

Nach dem Zeppetelli das erklärte, steht man in einem dunklen kleinen Raum, schaut nach oben und hört einem Vögelchen zu. Einige der Besucher gehen schnell wieder weiter, andere hören sich den Vogel zwei Mal an, einige schmunzeln, manche tun, als würden sie den Vogel verstehen und wiederum andere schütteln nur den Kopf und gehen schnell in den nächsten Ausstellungsraum.

Einen „nächsten“ Ausstellungsraum gibt es eigentlich nicht. Eine Art Chronologie, wie die Ausstellung zu begehen ist, gibt es auch am Ende des Rundgangs nicht erkennbar. Man entscheidet selbst. Vielleicht ist das schon hier eine Art Hinweis dafür, wie mit Leonard Cohens Werk, Liedern, Texten umzugehen ist. Es gibt keine Doktrin. Der Meister selbst hat schließlich selbst „Unmengen“ von Wortbildern kreiert, die Raum für Interpretation lassen. (Ist das Verwandeln von Wasser zu Wein und wieder zurück auf „You Want It Darker“ nicht ein wunderschönes Beispiel dafür ?) Im Rückblick auf meine erste Ausstellungsbegehung fühle ich mich an solche Wortbilder, an solche Räume für Interpretationsvielfalt erinnert. Im MAC kann man viele Räume, übrigens auch nach zwei Seiten, verlassen. Man lässt sich treiben oder aber von Zeppetelli führen, der mit dieser „preview“ seine eigenen Akzente setzt. Nicht unerwähnt lassen, möchte er den kleinen Raum, in dem Leonard Cohens „Self – Portraits“ gezeigt werden. „Er fertigte Hunderte davon an“, sagt Zeppetelli begeistert, als wir den dafür vorgesehenen „Raum“ betreten. Schwarz und karg das Interieur Design, mit Fokus auf die teils ca. 5 qm großen Projektionen von Cohens Graphiken. „Unzählige davon haben wir digitalisiert und zeigen einige der aus unserer Sicht interessantesten. (Einige davon waren auch auf dem Pausenvorhang des „Tower Of Song“-Konzertes am Abend zuvor gezeigt worden).

Ok, ein ganz klein Wenig im Stile von “David Bowie Is” gibt es bei der Leonard Cohen-Ausstellung dann doch noch. „Manuscripts, as well as an exact copy of his work room, where he recorded “You Want It Darker,” can also be seen. This replica is based on a shot from his life partner from the 80s, the French photographer Dominique Isserman”, so Zeppetelli am Ende. Und er merkt auch noch an, daß im Rahmen dieser einzigartigen Ausstellung natürlich auch Cohens langjährige Co-Produzentin und “Kollaborateurin” Sharon Robinson nicht fehlen darf. Nach Cohens Tod schrieb sie den Song “Goodbye Stranger”, der als eine Art „Making Of“-Video in einem für sie vorgesehenen Raum zu sehen und hören ist.

Nach über drei Stunden ist der Spaziergang durch das Labyrinth der Verehrung für Leonard Cohen im Montrealer MAC zu Ende.

Am Abend wird es am Ufer des St. Lorenz Stroms rund um die Silos No. 5 im Montrealer Hafen noch eine „Besonderheit“ geben, die es nur in dieser Woche, gerade einmal für fünf Nächte zu bewundern gibt, kündigt Zeppetelli an. „One of Montreal’s most iconic architectural structures, will be lit up in Leonard Cohen’s honour.

The MAC has commissioned neo-conceptual American artist Jenny Holzer to create a piece consisting of a giant projection of select phrases from Cohen’s poems, songs, and other writings—in both French and English. The projection, named For Leonard Cohen, will be visible as of November 7th, coinciding with the first anniversary of Cohen’s death. Jenny Holzer revisits the fine line between the written word and the image, thus transforming the text into the object of observation. The integration of Cohen’s writing into such large-scale work will also offer an alternative perspective on the author’s original underlying meanings and messages. This creation will present a temporary tribute marked by a deep admiration for the Montreal poet on the occasion of the 1st anniversary of his death and the 375th anniversary of his hometown.“ – Der Kurator weiß sich bei jeder Beschreibung seiner Künstler in eine Spirale der Begeisterung zu begeben. Er wirkt, als hätte er Programm und Katalog nicht nur auswendig gelernt, sondern auch verinnerlicht. Der Spaziergang zu den Silos No. 5 würde ich mir mit großer Vorfreude bei noch tieferen Temperaturen am Abend geben.

Mit den Worten „Haben Sie noch Fragen“ beendet der Kurator unseren Spaziergang. Im Anschluß steht er noch für kurze Interviews zur Verfügung und geht. Sharon Robinson kommt, als er geht. Sie wird noch herzlich von Zeppetelli begrüßt, bevor sich Mrs. Robinson auf den Weg zu „ihrem“ Raum, zu ihrer Teilhabe an der „Ausstellung“ aufmacht. Aber das ist eigentlich ein ganz eigenes und anderes – wenn auch nur kurzes – Kapitel dieses Spazierganges.

Was bleibt? A crack in Everything? Zwei Fragen, die ich nach diesem stundenlangen Spaziergang durch eine Ausstellung voller Bilder, die nicht Leonard Cohen, wohl aber Künstler, die sich mit Leonard Cohen beschäftigen zeigen, noch immer nicht beantworten kann. Was bleibt ist wohl auch das, was Leonard Cohens Lieder sind: weder Gesang, noch Musik, wohl aber sind sie Gebet. Was bleibt ist wohl auch das, was Leonard Cohens Texte sind, ein ewiges Liebesbekenntnis an den Abschied von irgendetwas. Abschied hat immer mit Erinnerungen zu tun. Leonard Cohen verstand es, nicht nur Popmusik und Poesie zu einer Leinwand für Gedanken zu verweben, sondern auch Abschied mit Erinnerungen. Er malte die Bilder mit Worten.

„A crack in everything“ ist irgendwie in allem, was Cohen malte. Die Bilder seiner Worte werden noch immer von vielen gesehen, verstanden oder verklärt. Einige seiner Bilder überleben die Zeit und gehen nun endgültig in die Unsterblichkeit ein.  Schon David Bowie ist das mit seinem  Album „Blackstar“ gelungen, mit welchem er sich aus der Welt verabschiedet hat. Mit seiner Hymne „Lazarus“ hat er die Ewigkeit betreten. Cohen machte es ihm gar besser nach. Nur drei Wochen vor seinem Tod veröffentlichte er mit „You Want It Darker“ sein Epitaph, sein Requiem, sein Hallelujah, das in vielem seiner Kunst nie verstummen wird.

Je leiser Cohen seine Kunst vortrug, umso lauter wurde der Jubel seines Publikums.  Cohen machte aus der Stille, den geheimnisvollen Klang, in dem Worte zu Gesängen und Gesänge zu Gebeten werden.  Cohen wurde immer leiser und bereitete seine Jünger auf den Moment, wenn jedes Wort geschrieben und gesungen ist, vor. Seit dem 7. November 2016 ist das letzte Wort von Leonard Cohen geschrieben und gesungen. Der Klang des Mannes, der stets ein Reisender war, der nie ankam, scheint jedoch nicht zu verstummen.  Heute singen andere seiner Lieder, malen andere seine Bilder. Heute ist „A crack in everything“ überall. Alles, was Cohen hinterläßt ist Gebet. Zu Lebzeiten betete er selbst, jetzt beten andere für ihn. Mit der Ausstellung „A crack in everything“ beten sie Leonard Cohen an und üben sich im Nachklang für einen gottgleichen Weltdichter, der scheinbar nicht nur aus Montreal kam.  „A Crack in Everything“ ist behilflich, uns im Labyrinth der Verehrung zurecht zu finden.

 P.S.:

ADRESS:

185, rue Sainte-Catherine Ouest

 (corner Jeanne-Mance)

 Montréal (Québec)

 H2X 3X5

Place-des-Arts metro

 The Musée is connected to the underground city.

City bus numbers:

 15, 55, 80, 129, 535