KW-27-2015: Leonard Cohen und … Open Airs – Teil 7. – Die Open Air-Festivalsaison 2015 von Christof Graf – Das . Glastonbury-Festival 2015. Leonard Cohen war natürlich in diesem Jahr nicht dabei. Aber der europäische Ableger von Woodstock, der zumeist im selben Atemzug mit Roskilde genannt wird, wenn es um europäische Woodstocks geht, findet zudem auch oft zeitgleich statt ( Ende Juni/ Anfang Juli) und darf bei der hiesigen Betrachtung zeitgenössischer Festival-Legenden in der Tradition Cohens nicht fehlen. Dieses Jahr fand Glastonbury am vergangenen Wochenende vom 24.-28. Juni 2015 statt. Cohen war 1 x dabei: 2008

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Flashback 2008, Glastonbury – Sommertraum in England – oder Veni, Vidi, Vici – Der Alt-Meister beim Über-Festival – oder- Ein Hallelujah aus dem Open Air – Mekka – odereinfach nur Leonard Cohen vor 80.000 Fans beim Hippiefestival im englischen Glastonbury à Hätte ,,Woodstock“ in Europa stattgefunden, läge ,,Woodstock“ direkt in Glastonbury. Doch die britische Variante in Glastonbury ist längst schon ebenso Legende wie das amerikanische Vorbild der Festivals aller Festivals. Im Jahre 38! nach der ersten Auflage dieses einzigartigen Events der Populären Musik 1970 gab es im Jahr 2008 zunächst nur drei Fragezeichen: Wird es wie in den Vorjahren wieder eine einzige Schlammschlacht werden? Wird Amy Winehouse wirklich auftreten? Und wird Leonard Cohen, der Altmeister des Folk Rock, der 15 Jahre nicht mehr live auftrat vor einem derart grossen wie für den kanadischen Singer/ Songwriter höchst ungewöhnlichen Outdoor-Ereignis vor 80.000 Zuschauern überhaupt bestehen können?

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Die Fragen wurden ebenso ungewöhnlich schnell wie überraschend beantwortet: Nie war das Glastonbury-Festival sonnengetränkter als an diesem wahrhaft sonntäglichen Sonnentag. Selten zuvor gab am Samstagabend zuvor Amy Winehouse ein derart gut und konzentriertes Konzert und ,,Ja“, er wusste sogar mehr, als nur zu bestehen. Er überzeugte, er kokettierte, er scherzte, er gefiel, er entzückte, er begeisterte:

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kurzum, Leonard Cohen kam nach Glastonbury, sah, sang und siegte. Und das Ganze mit fast 74 Jahren. Ein Alter, das bei Glastonbury-Veranstalter Michael Eavis kein allzu bedeutsames für eine Rocklegende zu sein schien. Eavis geriet nämlich ein wenig in Kritik, als er in der britischen Boulevardzeitung THE SUN verlauten liess, Pink Floyd-Gitarren-Legende David Gilmour hatte sich angetragen, auf dem Glastonbury Festival zu spielen, Eavis aber mit den Worten dankend ablehnte: ,,Sorry, ein David Gilmour ist für das immer jünger werdende Publikum zu alt. Und dabei ist Gilmour zu Zeiten seines Angebotes gerade mal 64 Jahre alt. Aber Glastonbury hat viele Geschichten dieser und anderer Art.

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Schliesslich ist Glastonbury nicht nur das Festival mit der pyramidenhaften Bühne. Heute zumindest. Früher, zu Beginn der 60er Jahre war die „Glastonbury Faire“ im englischen Summerset (Wales) Durchgangsstation von auf dem Weg nach Stonehenge befindlichen Druiden (ist wahr!). Zum Open Air-Gelände – unter dem Motto „The Famous Glastonbury Fayre“ – wurde es jedoch erst im Jahre 1970. Damals hatten Michael Eavis und seine Frau nach einem Besuch beim nahegelegenen „Bath Blues Festival“ in Nord-Wales die Idee, auf ihrer Worthy-Farm eine walisische Variante eines „Be-Ins“ von Hippies auf die Beine zu stellen. Das damals vom MELODY MAKER als „Mini-Festival“ apostrophierte Open Air startete 1970 mit einem Auftritt Marc Bolans. Ein Jahr später headlinte David Bowie das meist von Hippies und Freaks sämtlicher Couleur besuchte Festival. Es folgten weitere Free-Festivals. Doch in den Folgejahren bekam Eavis Geldschwierigkeiten und musste sich schweren Herzens vom Image des Hippie-Festivals trennen und nach kommerzorientierten Sponsoren suchen. Die Diskrepanz von Kommerz und Anti-Kommerz gipfelte 1985 nicht nur in einem Disput über Ursprung und Folge, sondern auch in konkurrierenden Jugendstilgruppen, die sich nicht mehr unter dem Deckmantel der Pop Musik vereinen liessen. Interessenkonflikte arteten 1990 gar zu einem Molotovkrieg im Publikum aus, worauf Eavis 1991 beschloss, „Glastonbury“ nicht mehr zu veranstalten. Doch von 1992 bis 1994 ist „Glastonbury“ im Zuge der Renaissance der 70er Jahre wieder zu einem ganz besonderen Anziehungspunkt in der Open Air-Landschaft geworden. „Glastonbury“, wo 1993 Robert Plant und Lenny Kravitz und 1994 Van Morrison, Peter Gabriel, Nick Cave und Elvis Costello spielten, wurde erneut zum Wallfahrtsort der letzten Alt- und nunmehr zu neu gewordenen Jung-Hippies geworden. Ein ca. 70-minütiger MTV-Film aus dem Jahr 1994 versuchte Mystik und Mythos dieses walisischen Traditions-Open Airs, das seither niemals nur für eine Musikstilrichtung (wie z.B. die Donnington-Festivals für Hard- und Heavy Rock) stand, sondern stets Toleranz für sämtliche parallel existierende Musikstile pflegte, künstlerisch festzuhalten. Wie gesagt, die einstige ,,Glastonbury Fayre“ (1970 und 1971) kann viele Geschichten erzählen, bis sie zum ,,Glastonbury Festival“ wurde. Die Mysthik von ,,Glastonbury“, welches in der Nähe der legendären Stonehenge-Steinen liegt, überträgt sich noch heute auf das Festival, das seit 1981 jährlich stattfindet, dennoch aber in den Jahren 1988, 1991, 1996, 2001 und 2006 pausierte. Die Gründe waren verschiedene. Anfangs waren es schlichtweg finanzielle Engpässe, später waren es zuweilen auch organisatorische wie z.B. 2001, als sich kein geeigneter ,,Headliner“ fand, oder z.B. 2006, als es dem einstigen Farmer Michael Eavis einfach zu viel Arbeit war.

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Anfang der 90er Jahre wurde ,,Glastonbury“ zunehmend für seine Überfüllung und der Angst in den Massen erdrückt zu werden berüchtigt. Zudem nahm die Kriminalität zu. Diebstähle, Überfälle und Drogenkonsum waren geradezu an der Tagesordnung während des Drei-Tage-Festivals, zu welchem Tausende bereits eine Woche zuvor anreisen. Was ebenso Unmut hervorruf war die Tatsache, dass sich bis zu Zehntausenden die Leute durch schlichtes Ignorieren von Umzäunungen unerlaubten und damit unbezahlten Eintritt verschafften.

Ganz andere Probleme beschert regelmässig Mutter Natur den Glastonbury-Maniacs, die nicht selten bei den oft eintretenden Regenfällen zu den berühmt-berüchtigten ,,Mud-„Schlamm“-People“ wurden. Doch 2008 meinte es auch Mutter Natur mit dem ,,Godfather of Rock-Poetry“ und seinen in Glastonbury besonders jugendlich anmutenden Pilgern. Kilometerlange Fussmärsche, durch die Ortschaften und über die Zufahrtswege zum südenglischen Mekka zeitgenössischer Popmusik lassen sich ohne britischen Regen besser ertragen. Und auch der nicht minder lange Weg über die Festivalwiesen, bis zu dem Punkt, von dem man dann endlich die pyramidenhafte Bühne erspäht , ist ohne den tiefen Morast vergangener Jahre erträglicher. War man nicht rechtzeitig am Ort des Geschehens, musste man sich beharrlich durchkämpfen, um schliesslich den Hohepriester der Rockpoesie von Näherem sehen zu können. Die zwei grossen Videoleinwände wiesen einem den Weg, wie einst den drei Weisen der Abendstern. Geriet man dann endlich in Sichtweite erkannte man den Mann, der über einem an der Bühne angebrachten grünen Banner mit weissem Greenpeace-Schriftzug zwischen jedem Song den Hut als Dankerweisung zog.

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Noch bei Tageslicht, nicht lange vor Sonnenuntergang schritt ,,Field Commander“ Cohen auf die Bühne. Seine Uniform ist der graue Nadelstreifenanzug mit grauem Hemd und Westernkrawattenspange. Und natürlich der Fedora. Nicht unbedingt die passende Garderobe für einen sommerlichen Open Air-Festival-Auftritt vor vorwiegend jugendlichem Publikum.

Während der Rest der Band etwas hemdsärmelig wirkt, ist Cohen zunächst noch etwas unsicher, als er in die 160.000 Augen vor ihm sah. Dann grinste er und zitierte die erste Strophe seines Alltime-Openers dieser Worldtournee: ,,Dance Me To Your Beauty With A Burning Violin/ Dance Me Through The Panic `til I`m Gathered Safely In/ Lift Me like An Olive Branch And Be My Homeward Dove/ Dance Me To The End Of Love“. Tosender Applaus schlägt Cohen entgegen. Niemand hätte das erwartet, weder beim darauf folgenden ,,The Future“ noch bei ,,Ain`t No Cure For Love“ und erst recht nicht bei dem für Open Air-Festivals schwer zu präsentierenden ,,Bird On A Wire“. Selbst Michael Eavis, der das Set am Bühnenrand miterlebte, war von Cohens Auftritt völlig hingerissen. Aber noch mehr von der Reaktion des Publikums, das den Altmeister feierte, als wäre er seit Ewigkeiten dessen Idol. ,,Er ist einfach ein Gentleman“, betonte Eavis nach dem Konzert. Cohen stahl allen die Show und machte sich am Sonntagabend zum wahren Höhepunkt des Festivals. ,,It`s a great honour to play for these angels born of the mud“, spricht er ehrfurchtsvoll zu seinen Jüngern, bevor er er wieder einmal in seinen Turm des Liedes (,,Tower Of Song“) aufsteigt. Hinter mir fragt ein junges blondes Mädchen: Is It God, who speaks now?“ – Ich kannte die blonde Engländerin nicht, aber ich glaube, wissend und lächelnd genickt zu haben. – Wir befanden uns plötzlich alle irgendwie an einem heiligen Ort. Auf dem Weg zur ,,Pyramide“ ringsum Gaukler und Händler, dazwischen zehntausende von Pilgern und auf der Spitze der Pyramide der Messias, der gerade bekundet: ,,I had forgotten this song until now, forgotten the line ,,I was born like this, I had no Choice/ I was Born with The Gift Of a Golden Voice“. Die Gemeinde tobt und stimmt in eine gewaltige Zustimmung ein. Cohen meinte zuvor noch: ,,You`re so kind“ und die blonde Engländerin schreit im Namen der 80.000 das aus, was sie alle denken: ,,We love you“. Und danach folgte das in späteren Konzerten der Tournee zum lustigsten Moment eines jeden Konzertabends werdenden Ende in Form eines ,,Dee Du Da Damm dam“….doch dazu wirklich später.

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Zuvor seien noch zweit markante Punkte von besonderer Intimität zu erwähnen, sofern man das im Bad der 80.000 überhaupt so sagen kann, und die so selten zu hören waren. Aber vielleicht lag es auch nur an dem im Gegensatz zu anderen Konzerten etwas verkürztem Set von etwa eineinhalb Stunden. Ein für wirklich nicht auf Mega-Festivals zu empfehlender romantischer Song wie ,,Suzanne“ stimmte die Masse auf den wohl mystischsten Moment der darauf folgen sollte ein.

Ja, irgendwie hatte die blonde Engländerin mit Ihrer Vermutung Recht. Es war ein Gott, der da sein ,,Hallelujah“ anstimmte. Und selbst die Sonne schien dabei in Blut zu versinken. Nirgendwo sonst, begleitete Cohen ein grösserer Chor als in Glastonbury. Nirgendwo sonst wurde mehr Gänsehaut produziert, nirgendwo sonst war Gott näher. Und dieser bestätigte es auch noch, als er also sprach: ,,I `ve Told The Truth, I Didn`t Come To Glastonbury To fool You.“

Glastonbury war für den Zeit des Auftritts von Leonard Cohen einfach nur ein Mekka, nicht irgendein ein Mekka, nicht das Mekka, sondern einfach nur ,,Mekka“. Die, die dort jemals hinpilgerten, wissen um dieses ,,Bild“. Und als dann auch noch das schnelle ,,First We Take Manhattan“ in das mittlerweile zum Nachtblau gewordene Licht unterm Himmel von Glastonbury ertönte, war es, als würde gar ein neuer Kreuzzug ausgerufen.

29. Juni 2008, Glastonbury, UK Glastonbury Festival: Dance M.T.T.E.O.L./ The Future/ Ain’t N.C.F.L./ Bird On The Wire/ Everybody Knows/ Who By Fire/ Hey, That´s No Way To Say Goodbye/ So Long, Marianne/ Tower O.S./ Suzanne/ Hallelujah/ Democracy/ I’m Your Man/ Closing Time/ Anthem/ F.W.T.M.

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Das Line Up 2015:

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