Sie waren alle gespannt darauf. Die Medien, die Kritiker und die Fans. Einige bekamen es früher, andere später zu hören. Heute hörten es alle, die es kaufen wollten. Heute war der Veröffentlichunsgtermin in Deutschland. Die Erwartungshaltung war groß. Gespannt war man. Neugierig. Auch auf das, was Bob Dyaln wohl zu und über das Album sagen würde. Er tat das, was ers eit Jahren schon immer macht: Nichts dazu sagen. Die Songs sprechen lassen. Oder ganz wenig sagen. Will heißen, ein einziges interview, so wie er es schon des öfteren seit den Alben der 2001er Jahre tat. Ein Intervierw, eins dort. Einmal der USA Today, ein anderes Mal dem Rolling Stone. Das muss reichen und die anderen Medien schreiben ab.
Dieses Mal ist es die US-Seniorenzeitschrift „AARP Magazine“, deren nächster Ausgabe 50 000 neue Dylan-CDs beiliegen werden, die ein einzigfes Exklusiv-Interview vom Meister erhält, AARP fragte, ob es denn riskant sei, ein solches Album aufzunehmen? „Riskant?“, erwiderte Dylan. „Wie wenn man über ein Feld geht, das mit Landminen gespickt ist? Oder wie wenn man in einer Giftgasfabrik arbeitet? Am Plattenmachen ist nichts riskant“, antwortete Dylan und nimmt sich dabei weniger wichtig, als jene, die ihn gerne kritisieren.
DIE SÜDDEUTSCHE tituliert ihre heutige Rezension über Bob Dylans neues Album „Shadows in the Night“ mit den Worten „Schmalzgebackenes aus der Kinderzeit“. Und genau so empfand ich das Album auch, als ich es zum ersten Mal heute hörte. Zudem erinnerte es mich an das Weihnachtsalbum von 2009. Ähnliche Stimme, ähnliche Anmutung und eine ähnliche Orientierung in Richtung „American Songbook“.
„Im Song „What’ll I do“ zerrt der Verzicht auf jegliche Studiotricks Dylans schweren Atem auf die CD, in „Why try to change me now“ bettelt der Sänger um Erlösung, und Dylans Version von „Some enchanted Evening“ setzt neue Maßstäbe in Sachen ungeschminkter Traurigkeit.“, stellt die STUTTGARTER ZEITUNG fest.
Songs wie „My Way“ sind nicht dabei. Warum auch. Der erste Mann der Rockgeschichte covert den ersten Mann der Popgeschichte und lässt dennoch Platz für Respekt. Dylan hat die Songs nicht mit großem Orchester, sondern mit seiner bewährten Tourband, ergänzt um ein dreiköpfiges Bläserensemble, eingespielt.
Doch „Shadow In The Night“ ist kein wirkliches Cover-Album, mehr ein Tribute. Gesungen wurden die Songs zwar alle von Sinatra, komponiert wurden sie allerdings von Songwritern, wie z.B. Richard Rodgers und Oscar Hammerstein („Some Enchanted Evening“) oder Irving Berlin („What’ll I Do“). Was sie verbindet? Sehnsucht? Sehnsucht! Nach? Nach Amerika? Freiheit? Liebe? Ja!
Wieder einmal macht Bob Dylan das, was er immer macht, nämlich das, was er mag, was ihm Freude macht. Nichts, was er muß, nichts, was er soll. Er macht es für sich. Und es hat nicht wirklich viel mit Frank Sinatra zu tun, schließlich läßt er bei den zehn Sinatra-Songs die größen Hits dessen, dem er eine Hommage anbietet , aus. Und gesteht der AARP, dass es ihm darum ginge, diese Songs zu retten, auszugraben, wieder zurück in die Erinnerung, zurück in das Bewusstein zu bringen. Bob, ich danke dir dafür.
P.S.: Leonard Cohen träumt schon immer, so etwas mal mit Songs von Ray Charles zu machen… 🙂
Das Interview das Bob Dylan der AARP für „Shadow In he Night“ gab, kann man hier lesen:
http://www.aarp.org/entertainment/style-trends/info-2015/bob-dylan-aarp-magazine.html